Ins kalte Wasser

Nadine Jansen, Foto: Johann Bunte Bauunternehmung
Nadine Jansen, Foto: Johann Bunte Bauunternehmung

Als junge Bauleiterin ist Nadine Jansen aktuell auf dem Projekt Gürzenich-Quartier in Köln eingesetzt: dem Neubau einer großen Büro- und Gewerbeimmobilie mitten in der Innenstadt nahe des Doms. Von Sabine Olschner.

Zur Person

Nadine Jansen, 27 Jahre

Bauingenieurstudium in Oldenburg an der Jade Hochschule Wilhelmshaven – Oldenburg – Elsfleth

Bauleiterin bei der Johann Bunte Bauunternehmung in Papenburg

Nach dem Abitur machte Nadine Jansen zunächst eine Ausbildung zur Bauzeichnerin. „Aber ich wollte langfristig lieber mehr raus und draußen auf der Baustelle arbeiten statt nur im Büro über Plänen zu sitzen“, erinnert sich die heute 27-Jährige und entschied sich nach ihrem Ausbildungsabschluss für das Studium des Bauingenieurwesens an der Jade Hochschule Wilhelmshaven – Oldenburg – Elsfleth. Da sie schon früh wusste, dass sie in die Bauleitung gehen wollte, wählte sie als Schwerpunkt das Baumanagement. In den Semesterferien machte sie ein Praktikum bei der Johann Bunte Bauunternehmung in Papenburg, anschließend arbeitete sie dort immer wieder in den Semesterferien. Und auch ihre Bachelorarbeit über den Neubau eines Verwaltungsgebäudes in Wolfsburg schrieb sie bei dem Familienunternehmen. Da lag es nahe, sich nach dem Studienabschluss auf eine freie Stelle bei der ihr schon bekannten Firma zu bewerben.

Ihr erstes Projekt als Bauleiterin führte Nadine Jansen nach Köln, wo sie derzeit mit einem erfahrenen Bauleiter das Gürzenich-Quartier betreut – direkt gegenüber dem Kölner Gürzenich, einer Fest- und Veranstaltungshalle aus dem 15. Jahrhundert. Das Neubauprojekt ist eine große Herausforderung für die Bauleiter: Im Bereich des zu bebauenden Grundstücks verläuft ein U-Bahntunnel und ein historischer Römerkanal, außerdem ist es auf der Baustelle aufgrund der Innenstadtlage besonders eng. „Die Logistik will gut geplant sein“, so Nadine Jansen. „Wir müssen immer genau überlegen, wo welche Teile angeliefert werden müssen und wann wir Genehmigungen beantragen müssen, um zum Beispiel Fahrstreifen abzusperren.“

Auf dem 2500 Quadratmeter großen Grundstück sollen auf sieben Stockwerken 13.000 Quadratmeter Büro- und Handelsfläche inklusive einer Tiefgarage entstehen. Das Fundament ist bereits gelegt, die ersten Wände stehen schon. Das Projekt mit einem Volumen von mehr als 50 Millionen Euro soll 2015 im Laufe des Jahres fertiggestellt sein. Bis dahin wohnt Nadine Jansen mit einigen Kollegen in einer Wohngemeinschaft in Köln. Nach Hause geht es nur an den Wochenenden.

Ihre tägliche Arbeit besteht derzeit zur Hälfte aus den Aufgaben, die im nahegelegenen Büro zu erledigen sind, sowie zur anderen Hälfte aus den Besuchen der Baustelle selbst. „Wenn die Bauarbeiten weiter fortgeschritten sind, werde ich noch häufiger auf der Baustelle sein, um die verschiedenen Gewerke zu beaufsichtigen“, erklärt die Bauingenieurin. „Dann werden viel mehr Leute parallel auf der Baustelle arbeiten als derzeit, und es wird eine Herausforderung werden, dann den Überblick zu bewahren.“ Im Moment gehört es zu ihren Hauptaufgaben, dafür zu sorgen, dass Termine eingehalten werden, und zu prüfen, dass alle Arbeiten in der erforderlichen Qualität ausgeführt werden. Sie kontrolliert zum Beispiel auf Plänen, ob Wände, Treppenaufgänge und andere Bauteile den Anforderungen des Gebäudes entsprechen. Auch die Prüfung von Rechnungen fällt in ihren Aufgabenbereich.

Die Arbeit auf der Baustelle macht Nadine Jansen viel Spaß – auch wenn sie dort der einzige weibliche Bauleiter ist und unter den Bauarbeitern schon mal ein rustikaler Ton herrschen kann. „Das macht mir aber nichts aus“, sagt Nadine Jansen und betont, dass der Umgang dabei immer von Respekt und einer zielorientierten Sachlichkeit geprägt sei. Schon aus dem Studium war sie es gewohnt, dass Frauen in der Branche in der Minderheit sind. Ein Akzeptanzproblem hatte sie aber nie. „Ganz im Gegenteil: Ich kann immer alle fragen, wenn ich etwas nicht weiß.“ Durchsetzungsvermögen ist natürlich eine wichtige Eigenschaft in ihrem Beruf. „Außerdem muss man teamfähig sein und gern mit den unterschiedlichsten Menschen zusammenarbeiten – vom Handwerker über den Polier bis zum Bauherrn.“ Mit Letzterem hat Nadine Jansen allerdings nicht allzu oft zu tun – das ist eher die Aufgabe des Projektleiters. Weil sie an vielen Schnittstellen arbeitet und die verschiedenen Tätigkeiten auf dem Bau gut planen muss, ist Organisationstalent für die Bauleiterin ein Muss. Sie wurde bei ihrem ersten Job – an der Seite von erfahrenen Kollegen – auch ein Stück weit ins „kalte Wasser“ geworfen. Deshalb ist sie froh, schon während des Studiums viel Praxiserfahrung gesammelt zu haben. Das hilft ihr nun sehr bei der täglichen Arbeit.