Interview mit Dr. Constanze Ulmer-Eilfort

Die Vereinbarerin

Constanze Ulmer-Eilfort, Foto: Baker & McKenzie
Constanze Ulmer-Eilfort, Foto: Baker & McKenzie

Familie oder Karriere? Constanze Ulmer-Eilfort entschied sich schnell dafür, dass Wörtchen „oder“ durch „und“ zu ersetzen. Zeitgleich mit ihren ersten Karriereschritten in den USA gründete sie eine Familie. Heute ist die dreifache Mutter Managing Partnerin der Großkanzlei Baker & McKenzie Deutschland und Österreich. Wie das funktioniert hat, erzählt die 50-Jährige im Interview. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Constanze Ulmer-Eilfort, geboren am 21. April 1962 in Stuttgart, studierte Jura in Regensburg und München. 1989 erreichte sie den Master of Law an der University of Pennsylvania in Philadelphia, ihre Promotion erfolgte 1993 an der Freien Universität Berlin. Nach dem Referendariat stieg sie als zugelassene Anwältin 1994 bei Baker & McKenzie ein. Vier Jahre später wurde sie dort Partnerin am Standort Frankfurt, 2005 zog sie in das Büro München. Seit Sommer 2012 ist die dreifache Mutter Managing Partnerin für Baker & McKenzie Deutschland und Österreich und damit verantwortlich für das heimische Geschäft der internationalen Großkanzlei. Ihr fachlicher Fokus als Anwältin liegt in den Bereichen Patentrecht und Urheberrecht, sie betreut Mandanten aus den Bereichen Life Sciences und Medien.

Frau Dr. Ulmer-Eilfort, wenn Sie sich an Ihren eigenen Karrierestart erinnern, inwieweit hatten Sie einen Plan für die ersten Schritte?
Ich wusste ehrlich gesagt nach dem Abschluss noch nicht, was ich mit dem Jura-Studium anfangen sollte. Mir hatte das Studium viel Spaß bereitet, daher war ich schon sicher, das Richtige studiert zu haben. Aber über meinen späteren Werdegang habe ich mir zunächst erstaunlich wenig Gedanken gemacht.

Sie sagen „erstaunlich“ …
Ja, wenn ich an meine Zeit als Einsteigerin zurückdenke, bin ich über mich selbst erstaunt, wie wenig Gedanken ich mir damals über meine Karriere gemacht hatte. Es waren auch viele Zufälle, die mich dorthin gebracht haben, wo ich heute bin. Meine Karriere hätte auch ganz anders aussehen können.

Wann wussten Sie, dass Sie Rechtsanwältin werden wollen?
Die Zeit nach dem Studium als Referendarin war prägend. Ich erhielt erste Eindrücke von den verschiedenen Bereichen und konnte mir konkrete Vorstellungen davon machen, wie der Arbeitsalltag wirklich ausschaut.

Eine Ihrer ersten Stationen war dann schon Baker & McKenzie, wo Sie 1991 Ihre Referendariatszeit verbrachten – und wo Sie heute Partnerin sind. Ab wann wussten Sie: „Hier bin ich richtig, hier fühle ich mich wohl“?
Schon sehr früh. Ich hatte zuvor ein LL.M.-Studium in den USA abgeschlossen, sodass mich von Beginn an faszinierte, wie international diese Kanzlei aufgestellt ist. Ich hatte vorher kurze Erfahrungen beim Landgericht, der Staatsanwaltschaft und in der Verwaltung gemacht und merkte schnell, dass mir die Arbeit in einer großen und weltweit vernetzten Kanzlei deutlich mehr Freude bereitet.

Abseits der Internationalität: Was ist der wichtigste Auslöser für diese Freude an der Arbeit?
Die Atmosphäre unter den Kollegen. Diese war mir als Einsteigerin wichtig – und sie ist mir auch heute als Partnerin wichtig. Als ich hier anfing, genoss ich es, dass die Türen zu den damaligen Partnern für uns Neulinge immer offenstanden. Damals wie heute sind Referendare mit Partnern und Associates regelmäßig zum Mittagessen gegangen. Ich erinnere mich, dass es unzählige Situationen gab, bei denen junge Kollegen in der Ausbildung und erfahrene Anwälte zusammenstanden und sich über diverse Fachthemen unterhielten, oder dass wir von Anfang an immer wieder bei Partnern zum Abendessen zu Hause eingeladen wurden. Kurz gesagt: Es machte einfach von Beginn an Spaß, sich in dieser herzlichen Atmosphäre einzubringen.

Sie sind seit 1998 selber Partnerin bei Baker & McKenzie, seit Sommer 2012 verantworten Sie als Managing Partnerin für Deutschland und Österreich das heimische Geschäft der Kanzlei. Wie beobachten Sie die aktuelle Generation von Einsteigern?
Mir fällt auf, dass der Nachwuchs von heute mehr plant, als wir es damals gemacht haben. Die junge Generation denkt früher und intensiver darüber nach, wie ihre Lebensplanung aussieht und welche Rolle der Beruf dabei spielen soll.

Denkt der Nachwuchs heute zu früh und zu viel nach?
Ich bin ein Freund davon, Dinge auch mal auf sich zukommen zu lassen. Junge Menschen, die jeden kleinen Schritt vorausplanen, verpassen dabei manchmal gute Gelegenheiten, die sich nicht einplanen lassen. Nehmen Sie zum Beispiel Frauen, die lange an ihrer Karriere planen, aber eines Tages zu alt dafür sind, Kinder zu bekommen, falls sie sich Familie wünschen.

Als Sie Ihr erstes Kind bekamen, hatte Ihre Karriere noch nicht einmal begonnen.
Genau, wobei das Thema Familie bei mir während des Studiums zunächst überhaupt keine Rolle gespielt hatte. Das änderte sich erst, als ich kurz nach dem ersten Staatsexamen früh heiratete. Dann kam der Moment, als ich mir ganz konkret drei Fragen stellte: Will ich eine Familie gründen? Will ich Kinder und Karriere vereinbaren? Wie macht die Fortsetzung meiner Ausbildung Sinn?

Können Sie sich noch erinnern, welche Erfahrungen und Eindrücke Sie damals positiv motiviert haben?
Sicherlich meine Erfahrungen in den USA. Ende der Achtzigerjahre habe ich in Philadelphia an einem LL.M.-Programm teilgenommen. Ich habe im Team mit anderen jungen Menschen gelernt. Deren Begeisterung und Zielstrebigkeit haben mich sehr motiviert. Meine Zulassung in New York – das New York Bar Exam – habe ich dann im Anschluss an das LL.M. gemacht. Nicht, weil ich das von langer Hand geplant hatte, sondern weil meine ehemaligen Mitstudierenden das auch gemacht haben. Also bin ich mitgegangen. Schritt für Schritt in die Karriere.

Und dann kam das erste Kind.
Richtig, gleich zu Beginn meines Referendariats. Dabei wollte ich nach meiner Zulassung in New York unbedingt dort auch einmal arbeiten.

Und?
Ich habe es gemacht. Während der Wahlstation. Mit kleinem Kind. Das geht natürlich nur, wenn man sich in einer Beziehung weiß, in der beide felsenfest hinter dieser Entscheidung stehen und diese Entscheidung auch verantwortungsvoll mit Leben füllen. Wenn eine Frau einen Mann an ihrer Seite hat, der denkt, es sei eigentlich doch besser, wenn die Frau zu Hause bleibt und die Kinder hütet, dann wird es schwierig. Zudem muss man bereit sein, gewisse Einschränkungen hinzunehmen. Man darf sich keine Illusionen machen: Als vollberufstätige Frau und Mutter wird man seine Kinder weniger häufig sehen als eine Frau, die nicht arbeitet. Und man hat auch weniger Zeit für sich selbst und seine Hobbys. Entscheidend ist daher, sich ehrlich die Frage zu stellen: Ist das für mich der richtige Weg?

Hatten Sie auf der anderen Seite Zweifel, dass Ihr Arbeitgeber diesen Weg vielleicht nicht mitgehen möchte? Dass Sie als junge Mutter auf dem Weg nach oben gebremst werden?
Nein, nie. Als ich nach dem Referendariat 1994 bei Baker & McKenzie als Anwältin einstieg, hatte ich schon zwei Kinder. Ich arbeitete 80 Prozent, der Freitag war mein freier Tag. Ich erhielt von meinen Kollegen sehr viel Unterstützung, um dieses Teilzeitmodell auch wirklich leben zu können.

Zur Kanzlei

Mit rund 2350 angestellten Anwälten, rund 1400 Partnern sowie mehr als 70 Büros in 45 Ländern gehört die Anwaltskanzlei Baker & McKenzie zu den größten der Welt. In den Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main und München beraten rund 45 Partner und mehr als 200 zugelassene Rechtanwälte zu einer Vielzahl von Tätigkeitsbereichen wie Arbeitsrecht, Aktien- und Kapitalmarktrecht, Bank- und Finanzrecht, Gesellschaftsrecht, Gewerblicher Rechtsschutz oder Kartellrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht und Steuerrecht. www.bakermckenzie.com