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StartRechtKarriereleiter: Der Start

Karriereleiter: Der Start

Das Erste Examen ist bestanden, doch wie geht es nun weiter? Welches sind die nächsten Pflichtstationen auf der juristischen Karriereleiter? Der Weg bis zur Partnerschaft in einer Großkanzlei sollte gut geplant werden. Mich führte er nach drei Jahren in einer kleineren Kanzlei und weiteren drei Jahren in der Rechtsabteilung eines Versicherungskonzerns 2007 zu CMS Hasche Sigle. Hier bin ich seit 2010 Partner.Von Dr. Stefan Segger, CMS Hasche Sigle

Als frisch examinierter Assessor sollte sich der junge Jurist Gedanken über seine weiteren Karriereziele machen: Senatsvorsitzender beim Bundesgerichtshof wäre toll. Oder doch besser Generalbundesanwalt oder Chefsyndikus bei einem großen Unternehmen? Manch einer hat auch die Idee, Partner einer Großkanzlei zu werden: Es locken unternehmerische Freiheit, hohe Reputation und ein gutes Einkommen. Für alle diese Positionen ist eine exzellente juristische Qualifikation Voraussetzung. Nicht weniger wichtig sind jedoch die sogenannten „weichen“ Faktoren. Jeder Jurist, der eine Karriere als Partner einer Großkanzlei anstrebt, sollte über die entsprechenden Soft Skills verfügen und sich zunächst folgende Fragen ehrlich beantworten, bevor er weitere Schritte plant:

Habe ich Spaß daran, kniffelige Rechtsfragen zu beantworten?
In Großkanzleien geht es fast immer darum, neue rechtliche Fragestellungen zu durchdringen und damit verbundene Lösungen zu erarbeiten. All das, was in den Kommentaren und Gerichtsentscheidungen nachzulesen ist, rechtfertigt nämlich keine Stundensätze im dreistelligen Euro-Bereich. Oder fühle ich mich eher auf „bekanntem Terrain“ wohler?
Habe ich Spaß daran, von spezialisierten Juristen mandatiert zu werden?
Die Mandanten der Großkanzleien verfügen selbst über ganz hervorragend qualifizierte Juristen (mit dem dazu passenden Selbstbewusstsein) und sind vielfach selbst spezialisiert. Der Anwalt einer Großkanzlei sollte diesen Mandanten „auf Augenhöhe“ begegnen. Passt das zu mir?
Habe ich Spaß an der Arbeit?
Anwälte in Großkanzleien arbeiten viel, und wer eine Karriere in diesem Umfeld anstrebt, sollte Spaß an der Arbeit haben. Was nicht heißt, dass Anwälte nicht auch ein Privatleben haben.
Habe ich Spaß daran, unternehmerisch tätig zu sein?
Der Erfolg als Anwalt verlangt strategisches und unternehmerisches Handeln. Das unterscheidet den Anwalt von vielen anderen juristischen Berufen. Die Verpflichtung zum unternehmerischen Handeln eröffnet auf der anderen Seite aber auch viele Gestaltungsspielräume: Nirgendwo sonst ist die Möglichkeit so groß wie in diesem Bereich, Einfluss auf die Arbeit zu nehmen und selbst strategisch, unternehmerisch zu gestalten.
Habe ich Spaß daran, parteiisch zu sein?
Der Anwalt vertritt die Interessen der Mandanten. Dies setzt den Willen zur Parteilichkeit voraus. Die juristische Ausbildung ist dagegen weitgehend auf die klassische juristische Begutachtung und Stellungnahme aus neutraler Sicht ausgerichtet. Wer Karriere als Partner einer Großkanzlei machen will, sollte beides können: sowohl objektiv (be-)urteilen, um dem Mandanten ein realistisches Bild zu vermitteln, als auch den Mandaten nach außen parteiisch vertreten.

Der Weg vom 1. Staatsexamen zum PartnerKönnen alle Fragen mit einem Ja beantwortet werden, gibt es viele Möglichkeiten, seinen Weg bis hin zur Partnerschaft zu gestalten:
Bis zum Zweiten Staatsexamen
Die Zeit zwischen den beiden juristischen Staatsexamen bietet zahlreiche Gelegenheiten herauszufinden, was einen interessiert oder interessieren könnte. Generell gilt es, soviel wie möglich auszuprobieren und Kontakte zu knüpfen. Die Spezialisierung aus dem Studium sollte der angehende Jurist dabei gleichwohl nicht überbewerten. So sinnvoll eine Spezialisierung ist: Viele Rechtsgebiete, die sehr gute Karrieremöglichkeiten bieten, kommen im Studium kaum vor. Es gibt wohl keine juristische Spezialisierung aus der Zeit der universitären Ausbildung, deren Spezialkenntnisse sich nicht auch durch die ersten sechs Monate „on the job“ erreichen ließen. Ein Wechsel der fachlichen Ausrichtung ist daher bei guten Gründen ohne Weiteres möglich. Bei der Wahl von Jobs, Referendariatsstationen und Praktika sollte man seinen persönlichen Vorlieben Raum geben: Wer in seiner Freizeit fußballbegeistert ist, sollte ein Praktikum beim juristischen Dienst des Fußballverbandes machen. Wer eine Weltreise machen möchte, sollte sich überlegen, ob er nicht ein Praktikum bei einem Rechtsanwalt in Singapur oder Neuseeland einschiebt.

Promotion oder LL.M.? Für den Beginn der Tätigkeit in einer Großkanzlei ist eine Promotion und/oder ein Mastertitel sinnvoll, zum Teil sind diese Qualifikationen sogar Voraussetzung. Wer seine Promotion möglichst frühzeitig in Angriff nimmt, belastet seine spätere berufliche Karriere nicht mehr damit. Promotionsbegleitend bietet sich eine Nebentätigkeit in einer Kanzlei an: Die Unabhängigkeit vom Unibetrieb ist größer, und gleichzeitig gewinnt man interessante Einblicke in die Tätigkeit der Anwaltskanzlei. Diese praktischen Einflüsse können auch die Dissertation bereichern.

Vom Junior Associate zum Partner
Auch die folgenden Jahre gilt es strategisch anzugehen. Welche Anforderungen stellt die Kanzlei an einen Partnerkandidaten? Hilfreich ist in diesem Zusammenhang, sich zu fragen, was man selbst von demjenigen verlangen würde, mit dem man wirtschaftlich sein Schicksal teilt. Schnell ist dann klar, dass wirtschaftlicher Erfolg unbedingt dazu zählt, aber nicht alles ist. Persönliche Integrität und ein überzeugender unternehmerischer Ansatz („Business Case“) sind ebenfalls notwendig. Die Kunst, Karriere in einer Großkanzlei zu machen, besteht darin, neben den verlangten „Billable Hours“ das eigene unternehmerische Profil nicht aus den Augen zu verlieren und sich stets kritisch zu fragen, ob man die richtigen Antworten auf Fragen geben kann, die einem spätestens bei der Partnerentscheidung gestellt werden: Warum sollten Mandanten ausgerechnet mich beauftragen? Wie grenze ich mein Geschäftsmodell von denjenigen der bereits vorhandenen Partnerinnen und Partner in der Kanzlei ab? Warum glaube ich, mit meinem Geschäftsmodell dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich tätig sein zu können? Wer für sich eine überzeugende Antwort auf diese Fragen geben kann, hat sehr gute Chancen und eine erfolgreiche Karriere in einer Großkanzlei vor sich.

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