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Gesucht: geschickte Taktiker

Dr. Jörg Schauf, Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg, sieht für auf Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht spezialisierte Absolventen beste Einstiegschancen – zumal, wenn sie zweigleisig fahren. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Jörg Schauf, Foto: Flick Gocke Schaumburg
Jörg Schauf, Foto: Flick Gocke Schaumburg

Dr. Jörg Schauf hat Rechtswissenschaften in Bielefeld studiert und ist seit 2001 Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Seine Promotion folgte 2004, seit 2005 ist er Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg in Bonn, die sich unter anderem auf Steuerstraf- und Wirtschaftsstrafrecht spezialisiert hat.

Wie hat sich das Arbeiten von Rechtsanwälten im Bereich des Steuer- und Wirtschaftsstrafrechts in der jüngsten Vergangenheit verändert?
Die Gesetzeslage hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft, im Bereich des Steuerstrafrechts zum Beispiel durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz. Die steuerstrafrechtlichen Risiken sind damit gestiegen – und das hat auch den Beratungsbedarf erhöht. Während früher häufig der Steuerrechtler auch die steuerstrafrechtlichen Aspekte mit abdeckte oder der Wirtschaftsstrafrechtler sich auch mit den steuerlichen Fragen beschäftigte, gibt es heute viel mehr Berater, die spezialisiert beide Gebiete direkt miteinander verbinden. Rechtsanwälte fahren hier also zunehmend zweigleisig. Und so ist es für Neueinsteiger in dem Bereich ideal, wenn sie beide Schienen bedienen können oder jedenfalls bereit sind, sich dort einzuarbeiten.

Wie beurteilen Sie generell die Karrierechancen für Jura-Absolventen im Bereich des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts? Welche Karrierewege sind derzeit besonders vielversprechend?
Weil der Beratungsbedarf ständig wächst, sind gute junge Juristen hier enorm gefragt. Neben dem klassischen Tätigkeitsfeld des Richters, des Staatsanwaltes oder des Strafverteidigers in Wirtschaftsstrafsachen eröffnen sich auch andere interessante Arbeitsmarktaussichten. Zum Beispiel in der Unternehmensberatung und in Compliance- Abteilungen von Unternehmen.

Mit welchem Know-how punktet man?
Besonders gute Karten hat, wer einschlägige Praktika vorweisen kann und sich schon während der Ausbildung auf die steuer- und wirtschaftsstrafrechtlichen Themen spezialisiert hat. Hilfreich können auch Zusatzqualifikationen wie zum Beispiel der LL.M. im Wirtschaftsstrafrecht sein. Ansonsten sind gute Kenntnisse sowohl im Steuerrecht als auch etwa in den Grundlagen des Bilanz- und Handelsrechts oder des Insolvenzrechts wichtig. Die Beratung in unserem Bereich erfordert außerdem einen hohen Arbeitseinsatz und Kreativität. Oft sind taktisches Geschick und besonderes Einfühlungsvermögen gefragt, weil die Mandate immer auch eine psychologische Komponente haben: Es geht ja nie nur um die wirtschaftlichen Konsequenzen, sondern es sind Menschen persönlich betroffen.

Auf welche psychologischen Faktoren kommt es an, um die Mandanten nicht nur zu vertreten, sondern auch für sie da zu sein?
Wie man einen Geschäftsführer beruhigt, bei dem die Staatsanwaltschaft klingelt, lernen Sie an keiner Uni. Das geht nur über Erfahrungen. Oft geht es dann ja um ganz existenzielle Dinge, etwa wie das Unternehmen weiterlaufen soll, wenn der Kopf ausfällt. Solange es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht gibt, tragen immer Einzelpersonen die Risiken. Es ist schon so, dass Rechtsfragen in solchen Situationen 30 Prozent des Jobs ausmachen, die Psychologie jedoch 70 Prozent. Aber je mehr Fälle man betreut, desto besser findet man sich hinein.

Wenn Erfahrung so wichtig ist: Mit welchen Talenten punkten im Gegenzug junge Kollegen?
Es ist schon richtig, dass die ganz großen Mandate häufig bei den älteren Strafverteidigern landen. Das hat dann eben auch mit Erfahrung und Vertrauen zu tun. Allerdings wächst das Netzwerk jüngerer Kollegen in diesem Bereich. Ich beobachte, dass hier ein echter Generationenwechsel stattfindet.

Im Strafrecht gilt die Unschuldsvermutung. Sehen Sie diese Grundsätze in Gefahr?
Es ist und bleibt Aufgabe des Strafverteidigers, darauf einzuwirken, dass rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt bleiben. Wichtig ist, früh eine aktive Verteidigung des Mandanten anzulegen, um das Verfahren in die richtigen Bahnen zu lenken. Man holt sich hier auch verstärkt Unterstützung etwa durch erfahrene Medienagenturen, die den Prozess dann professionell in der Kommunikation begleiten.

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