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Marketing für Nepals Ureinwohner

Die Stiftung Manager ohne Grenzen entstand aus der Idee heraus, hilfsbedürftige Menschen weltweit mit Management-Know-how zu unterstützen. Erfahrene Fachkräfte aus dem Management bringen ihr Wissen während eines mehrwöchigen Projekteinsatzes gezielt vor Ort ein – in eines von weltweit rund 40 Non-Profit-Projekten. Aufgezeichnet von Stefan Trees

Tobias Thalmeir, 36 Jahre, Betriebswirt
Projekt: Stiftung Manager ohne Grenzen
Ort: Stuttgart
Web: www.stiftung-managerohnegrenzen.de

Wie alles begann
Ich habe in München BWL mit Schwerpunkt Marketing studiert und über zehn Jahre in verschiedenen Branchen im Marketing gearbeitet. Das waren sehr intensive und abwechslungsreiche, aber auch sehr stressige Jahre. So ist mein Wunsch entstanden, eine Auszeit zu nehmen, um den Kopf frei zu bekommen und zu schauen, was ich als nächstes machen will. In einer Fernsehreportage wurde über Menschen berichtet, die einen Sommer auf einer Alm verbringen. Das hätte ich mir auch vorstellen können, denn ich bin mir sicher, dass eine solche Beschäftigung ziemlich erdet. Letztlich war es mir aber zu nah am Gewohnten, ich wollte lieber ins Ausland.

Über meine Recherche zum Thema „Auszeit“ bin ich im Internet auf die Stiftung Manager ohne Grenzen gestoßen. Eigentlich wollte ich auf die Philippinen, das war jedoch nicht möglich. Nicht jeder Manager ist für jedes Projekt geeignet. So näherte ich mich zusammen mit der Stiftung schrittweise meinem späteren Einsatzort in Nepal – dabei war entscheidend, welche Fähigkeiten ich mitbrachte. Es war ein Lernprozess für mich, dass Entwicklungshilfeprojekte schon in der Anbahnung in einem anderen Zeitgefüge funktionieren, als ich es aus dem klassischen Managementbereich gewohnt bin, wo alles komplett durchgetaktet ist. In einer anderen Kultur herrscht eben ein anderes Zeitverständnis. So musste ich noch etwas Geduld mitbringen, und erst nach einem halben Jahr waren die Vorbereitungen soweit abgeschlossen, dass es für mich losgehen konnte.

Warum ich das gemacht habe
Es wird viel über Corporate Social Responsibility und ehrenamtliches Engagement gesprochen und geschrieben, ich wollte es aber auch tun – und in ein Land gehen, in dem es den Menschen nicht so gut geht. Nicht weil ich schaulustig bin, sondern weil ich etwas beitragen wollte, und um selber eine andere Perspektive zu bekommen. Ich wollte aber nicht nur herumreisen, sondern mein Wissen und meine Berufserfahrung in ein sinnvolles Projekt einbringen und dort nutzbar machen, wo es gebraucht wird.

Was es bislang gebracht hat
Für mein Projekt bin ich für neun Wochen nach Nepal gereist. In Kathmandu traf ich auf die Projektpartner: die Deutsche Welthungerhilfe als Initiator, zwei lokale nepalesische Partner und einen privaten Partner, der in Nepal seit fünfzehn Jahren Demeter-Landbau betreibt. Unser gemeinsames Ziel ist es, für die Chepang, eine der ärmsten Bevölkerungsgruppen Nepals, Strukturen zu schaffen, in denen sie Produkte für internationale Märkte herstellen können. Außerdem soll eine Biomarke entwickelt werden – im Idealfall auch in Demeter-Qualität –, die auf dem europäischen Markt angeboten werden kann. Auf diese Weise soll eine neue Einnahmequelle für die dort lebenden Menschen geschaffen werden.

Meine erste Aufgabe nach meiner Ankunft in Nepal war es, zuzuhören, zu beobachten, zu lernen und zu verstehen. Man kommt in eine neue Umgebung, einen anderen Rhythmus, eine andere Kultur. Wäre ich hingegangen mit der Haltung, dass ich schon alles weiß, wäre ich vermutlich grandios gescheitert. Ich habe gelernt, mich zurückzunehmen und mein Wissen erst mal zu parken – das wurde erst später benötigt, um eine Struktur aufzubauen und zu etablieren, die funktioniert. Hinzu kam, dass ich mich erst einmal an die ungewohnte Umgebung gewöhnen musste. Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt. Also bin ich in das Projektgebiet gefahren, um zu sehen, wie es dort aussieht und für wen ich eigentlich arbeite. Das Wort „Marktzugang“ zum Beispiel hat für mich eine komplett neue Bedeutung bekommen, als ich gesehen habe, dass ein nepalesischer Bauer zwei Stunden lang mit einem Weidenkorb auf dem Rücken ins nächste Dorf laufen muss, um dort seine Ware anzupreisen. Er ist davon abhängig, dass sie ihm an diesem Tag abgekauft wird. Abends marschiert er zwei Stunden lang wieder nach Hause. Das ist so gar nicht mit dem vergleichbar, was wir kennen: Alles ist immer zu jeder Zeit machbar und verfügbar.

Meine Aufgabe war es dann, eine Strategie zu entwickeln. Hierzu habe ich eine Ist-Analyse gemacht: Was kann man produzieren und in welcher Menge? Welche Kapazitäten hat die Region? Welche Produktionsschritte kann man realisieren, und welche Maschinen gibt es überhaupt? Drei Tage vor meiner Abreise habe ich einen Strategieworkshop moderiert. Alle Partner haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt und daraus konkrete Projektschritte abgeleitet. Ich bin sozusagen der Startläufer in einem Staffellauf gewesen. Nach mir kam ein anderer Manager ohne Grenzen. Er hat die von uns definierten Teilprojekte zusammen mit allen Beteiligten weiter ausgearbeitet. Mittlerweile ist ein sogenanntes Proposal, eine Projektdarstellung, bei der EU eingereicht worden, und wir warten auf die Bewertung für eine Förderung.

Der Bezug zum Projekt ist mir geblieben. Ich habe weiterhin großes Interesse daran zu erfahren, wie es weitergeht und ob ich noch etwas tun kann. Ich fühle mich immer noch involviert und stark motiviert. Es hat eine gewisse Zeit gedauert, bis ich mich in den Lebensrhythmus in Nepal eingefunden hatte, dennoch: Ich habe diese andere Perspektive bekommen, die ich mir von meiner Auszeit erhofft hatte – alleine schon aufgrund der vielen neuen Eindrücke, die ich jeden Tag gesammelt habe. Die kann mir keiner nehmen.

Studentenprogramm students@mog

Für Studierende im Masterstudium eines wirtschaftswissenschaftlichen Studienganges hat die Stiftung Manager ohne Grenzen ein Programm entwickelt: Die Teilnehmer reisen im Tandemverfahren zusammen mit einem Manager als Mentor zu einem Projekteinsatz in ein Entwicklungsland. Das Programm zielt auf soziales Engagement, Wissenstransfer und die praktische Umsetzung in einem Non-Profit-Projekt.
www.facebook.com/ManagerOhneGrenzenStudents

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