Interview mit Thomas Berlemann

Der Kundenkenner

Thomas Berlemann, Foto: Deutsche Telekom
Thomas Berlemann, Foto: Deutsche Telekom

128 Millionen Kunden – um diese Zahl werden den Telekom-Manager Thomas Berlemann viele beneiden. Ein Gespräch mit dem Verantwortlichen für Vertrieb und Service bei T-Mobile über die Kunst, bei dieser Zahl nicht den Überblick zu verlieren, und die Vorteile, bei der Telekom im Vertrieb zu arbeiten. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Thomas Berlemann (Jahrgang 1963) ist seit September 2003 Geschäftsführer Kundenservice für T-Mobile Deutschland und hat zum 1. Mai 2009 zusätzlich die Verantwortung für den Vertrieb übernommen. Seit Januar 2007 ist er außerdem als Bereichsvorstand T-Home und als Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Telekom Kundenservice GmbH für den Kundenservice der Deutschen Telekom verantwortlich.

Berlemann war nach seinem Studium an der Wirtschaftsakademie der Mannesmann AG von 1990 bis 1992 als Vorstandsassistent in dem Düsseldorfer Konzern tätig. Seine berufliche Laufbahn setzte er beim Otto Versand fort, zunächst als Projektleiter Vertrieb, später als Leiter des Kundencenters Berlin.1997 wechselte er zu AOL Europe; 2003 ging Thomas Berlemann zu T-Mobile Deutschland.

Herr Berlemann, können Sie sich noch erinnern, wie Ihre Stimmung am 21.04.2009 war?
Da müssen Sie mir bitte helfen, den 21.04. einzuordnen.

Stichwort: Netzausfall bei T-Mobile.
Uns ging es an diesem Tag um zwei Dinge: erstens die Kunden möglichst gut zu informieren und zweitens den Grund des Ausfalls möglichst schnell zu beheben.

Haben Sie keine Angst, so ein Netzausfall könnte sich wiederholen?
Wir werden seit nunmehr zehn Jahren für das beste Mobilfunknetz der Branche gelobt. Das war der erste Ausfall dieser Art. Wir haben daraus gelernt. Wir haben keine Angst, dass so ein Ausfall häufiger passieren kann.

Wer heute Menschen in der Öffentlichkeit beobachtet, sieht kaum noch jemanden, der nicht mit einem Handy unterwegs ist. Würden Sie sagen, der Markt ist gesättigt?
Nein, in keiner Weise. Wenn wir in andere europäische Länder schauen, stellen wir fest, dass wir noch Luft nach oben haben. In anderen Ländern wird deutlich mehr mobil telefoniert. Beim Datengeschäft, also mobiles Internet über Handys oder Laptops, haben wir Wachstumsraten, um die uns andere Geschäftsfelder beneiden. Der Markt ist also ganz bestimmt nicht gesättigt. Kommunikation mit Sprache und Daten ist weiterhin ein Wachstumsgeschäft. Wir haben gerade aus vertrieblicher Sicht gute Chancen, an diesem Wachstum zu partizipieren. Und wir treiben die Entwicklung voran, weil wir weiterhin in Produkte und Netzqualität investieren.

Die Telekom ist ein riesiges Unternehmen mit einer enormen Bandbreite an Kunden. Da gibt es die Experten, die bei jeder Neuerung dabei sind, aber auch die konservativen Kunden, die eigentlich nur wollen, dass ihr Telefon funktioniert. Wie schwierig ist es, beim Thema Vertrieb und Kundenservice da den Spagat hinzubekommen?
Das ist gar nicht schwer, weil wir im Privatkundenmarkt unsere Zielgruppen sehr genau definiert haben. Wir wissen, welche Produkte in welchem Kundensegment gefragt sind. Wir wissen, wie wir sie ansprechen und wie die Preise gestaltet sein müssen. Und wir wissen auch, wie diese Kunden letztlich unsere Produkte nutzen. Weil wir das verstanden haben, sind wir sehr gut darin, unseren Kunden entsprechend ihrer Vorstellung passende Produkte anzubieten.

Wie gelingt es Ihnen, Ihre Kunden so genau zu verstehen?
Ganz einfach: Wir haben sie gefragt. Kunden verschiedener Altersklassen und sozial-demografischer Kriterien. Das ist klassische Marktforschung mit dem Ziel zu verstehen, was die Menschen von ihrem Telekommunikationsanbieter eigentlich erwarten: Was für Produkte?, Was für Preise?, Was für eine Ansprache? Dieses Wissen haben wir uns hart erarbeitet und profitieren nun davon.

Klingt, als würden Sie es in vertrieblicher Hinsicht durchaus genießen, in einem so großen Unternehmen wie der Telekom zu arbeiten, das sich so eine intensive Marktforschung leisten kann.
Es ist natürlich schön, wenn man über Möglichkeiten verfügt, die einem helfen, erfolgreich am Markt agieren zu können. Wenn das Unternehmen in die Intelligenz investiert, die man benötigt, um erfolgreich Vertrieb machen zu können. Denn daraus entsteht aus meiner Sicht langfristiger Erfolg – auch in einer sich so rasant entwickelnden Branche wie der Telekommunikation.

Wie entgeht man der Gefahr, dass sich bei einem so großen Konzern aus dem vielen Wissen und der angesammelten Intelligenz eine Art von Selbstherrlichkeit entwickelt?
In dem wir mit den Kunden sprechen und sie fragen: „Wie zufrieden sind Sie mit dem, was wir machen?“ Wir haben dafür ein sehr dezidiertes System verankert, mit dem wir unsere Annahmen validieren. Sprich: Kommt das, was wir wollen, auch tatsächlich beim Kunden an? An der Kundenzufriedenheit justieren wir dann im nächsten Schritt die gesamte Produktentwicklung sowie Fragen des Vertriebs und des Service.

Sie sind seit Anfang der 90er-Jahre im Vertrieb von großen Unternehmen tätig. Wie hat sich das Berufsfeld seitdem geändert, was ist heute komplett anders als damals?
Die Kunden wissen heute mehr. Sie sind besser über Angebote und Preise informiert, sie verfügen auch über viel mehr Vertriebskanäle.

Ist der über alles informierte Kunde für Ihre Arbeit im Vertrieb ein Vor oder Nachteil?
Weder noch. Wir denken nach vorne und wollen uns von unseren Mitbewerbern differenzieren. Es ist eine spannende Herausforderung, die gut informierten Kunden von unserem Angebot zu überzeugen. Wir wollen ja nicht die Billigsten sein, sondern das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Das ist unser Ziel. Aufgabe des Vertriebs ist es, immer wieder zu prüfen, ob wir auf einem guten Weg zu diesem Ziel sind. Ob unsere Produkte mit Blick auf dieses Ziel in Ordnung sind.

Es heißt oft, Jobs im Vertrieb eines Unternehmens zählten nicht zu den begehrtesten …
… was bei der Telekom so nicht stimmt. Eine Umfrage hat gerade jetzt wieder gezeigt, dass bei uns die Zufriedenheit der Mitarbeiter im Vertrieb am höchsten ist. Im Vertrieb wird das Geld für die Firma verdient. Und analog dazu kann man im Vertrieb auch selber gutes Geld verdienen.

Wenn Sie die Möglichkeit hätten, an einer Universität als Dozent eine Einzelveranstaltung für den Bereich Vertrieb anbieten zu können, welches Thema würden Sie dafür wählen?
Ich würde versuchen, den Studierenden die vertriebliche Praxis näherzubringen, um die Lücke zwischen Theorie und Praxis möglichst klein zu halten. Es ist in meinen Augen wichtig, dass die Absolventen eine gute Vorstellung davon haben, was im beruflichen Alltag von ihnen erwartet wird und wie man sich in dem Umfeld, das einen erwartet, bewegen muss. Kurz: Zeigen was man können muss, um erfolgreich zu sein.

Zum Unternehmen

Die Deutsche Telekom AG ist weltweit eines der führenden Dienstleistungs- Unternehmen der Telekommunikations- und Informationstechnologie-Branche. Als international ausgerichteter Konzern ist die Telekom in rund 50 Ländern vertreten. Mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes wird außerhalb Deutschlands erwirtschaftet. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen mit dem Hauptsitz in Bonn rund 260.000 Mitarbeiter (Stand Juni 2009).

Die Deutsche Telekom hat ihr Geschäft in drei Marken aufgeteilt. Dabei steht die Marke T-Home für Produkte für Zuhause, T-Mobile für mobile Dienstleistungen und Produkte für unterwegs – mit insgesamt 128 Millionen Kunden in Deutschland und den USA. Unter der Marke T-Systems bietet der Konzern weltweit Angebote für Großunternehmen an.

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