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Interview mit Hans Rudolf Wöhrl

Ein Talent für den Handel wurde Hans Rudolf Wöhrl in die Wiege gelegt: Sein Vater gründete 1933 das Unternehmen Wöhrl-Modehäuser, heute eine der erfolgreichsten Modeketten in Deutschland. Hans Rudolf Wöhrl hat den Beruf des Einzelhandelskaufmanns gelernt, und er handelt nicht nur mit Textilien: Seine zweite Leidenschaft ist die Fliegerei, seine Businessaktivitäten in der Luftfahrt haben den Markt nachhaltig verändert. Mit dem karriereführer sprach er über die Grundregeln erfolgreichen Handels und sein Rollenverständnis als Händler. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Hans Rudolf Wöhrl, 62 Jahre, ist zweiter Sohn des Textilunternehmers Rudolf Wöhrl. Nach einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann übernimmt er im Alter von 23 Jahren die Wöhrl-Modehäuser. 2002 wird das Unternehmen in eine Familien-AG umgewandelt. Neben dem Handel ist die Luftfahrt Wöhrls zweite Leidenschaft. Er macht Ende der Sechzigerjahre den Pilotenschein und lässt sich zum Berufspiloten ausbilden; später erwirbt er auch die Fluglizenz für große Passagiermaschinen.

1974 gründet er den Nürnberger Flugdienst (NFD), manches Mal sitzt Wöhrl selber im Cockpit einer seiner Maschinen. 1992 verkauft er seinen Anteil an dem Unternehmen. 2003 übernimmt Wöhrl die marode Fluglinie Deutsche BA und tauft sie in dba um. 2004 schreibt die dba erstmals in ihrer Geschichte schwarze Zahlen; 2006 wird der Verkauf der dba an Air Berlin bekanntgegeben. Auch die von Wöhrl neu ausgerichtete Ferien-Fluggesellschaft LTU wird 2007 an Air Berlin verkauft. Insgesamt ist Wöhrl über sein Investmentunternehmen Intro Group an mehr als 50 Firmen beteiligt.

Herr Wöhrl, erfolgreicher Handel hat immer auch mit Kommunikation und mit Geschäftsbeziehungen zu tun. Wie bewerten Sie in dieser Hinsicht das Internet?
Das Internet verändert die Beziehung zwischen Händler und Kunden nicht, aber es beschleunigt sie und gibt die Möglichkeit des schnellen Austauschs von Bildern und sonstigen Informationen. Voraussetzung aber ist ein überlegter und zielgerichteter Einsatz. Wer seine Kunden mit überflüssigem Zeug nur zuschüttet, wird am Ende eine negative Reaktion erleben.

Bestellen Sie selbst Waren im Internet?
Ich kaufe nichts für meinen persönlichen Bedarf im Internet, aber meine Mitarbeiter nutzen es für die Bestellung zum Beispiel von Büroartikeln oder Büchern.

In einigen Branchen versuchen Händler, Nähe herzustellen – zum Beispiel, indem sie jeden Kunden ungefragt duzen. Befürchten Sie, dass der respektvolle und distanzierte Umgang zwischen Händler und Kunde verloren geht?
Diese Befürchtung habe ich schon, aber es stellt sich die Frage, ob das wirklich schadet? Der Stil und der Ton im geschäftlichen Miteinander sind einem ständigen Wechsel unterworfen, und was gestern noch unmöglich war, kann morgen schon tägliche Praxis sein. Das Duzen aber finde ich eine echte Unsitte, die mich wirklich stört. Da rutscht mir dann schon mal ein Satz raus wie: „Haben wir schon im Sandkasten miteinander gespielt?“

Eine Ihrer Grundregeln lautet: „Verhalte dich so, wie du es von anderen erwartest!“ Ist das nur ein Ehrenkodex – oder auch ein Garant für erfolgreichen Handel?
Diese Regel ist zutreffend, wenn man sie auf das Fairplay im geschäftlichen Umgang miteinander bezieht. Aber ein auch noch so ungehobelter Mensch kann durchaus in seiner Arbeitsweise ehrenhaft sein. Daher beziehe ich Höflichkeit und Erziehung darauf, den Umgang zwischen Menschen Unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters und gesellschaftlichen Standings zu ermöglichen.

Welches Verhalten eines Menschen, mit dem Sie an einem Handel interessiert sind, stört Sie besonders?
Ich mag keine Leute, die feilschen und mit einem gewaltigen Wortschwall Dinge anpreisen, die entweder nichts Besonderes oder zu teuer sind. Das beleidigt mich einfach, denn wenn jemand glaubt, mich über den Tisch ziehen zu können, dann hält er mich ja wohl auch für dumm oder zumindest unerfahren.

Wie reagieren Sie dann?
Sehr einfach: Entweder sage ich gleich ab, oder ich packe meine Trickkiste aus und zeige ihm, wo der Barthel den Most holt. Umgekehrt gilt bei mir, dass mein erstes Angebot immer auch mein Bestes, also ein besonders faires ist. Mir ist immer an schnellen und einfachen Geschäftsabschlüssen gelegen, denn Zeit ist mir kostbar. Daher schätze ich auch langatmiges Erklären und ausufernde Gesprächsrunden nicht.

Sie haben mit Erfolg sowohl Kleidung als auch Flugtickets verkauft – zwei völlig verschiedene Dinge. Sind die Grundregeln eines erfolgreichen Händlers überall gleich?
Mit Sicherheit hat jede Branche ihre eigenen Spielregeln, und diese weichen auch noch von Land zu Land voneinander ab. Aber man kann schon sagen, dass die Basisdaten immer die gleichen sind. Ein Mensch sollte sich für das entscheiden, was er gerne tut, denn nur wenn ihm eine Arbeit auch Spaß macht, besteht die Chance, dass er damit erfolgreich sein wird. Ich für meine Person verstehe mich als Dienstleister, weil mir der Umgang mit Menschen, also wirklich das „Dienen“, Freude bereitet. Daher habe ich zum Beispiel niemals eine Fabrik besessen.

Und das Thema Zusatzleistungen?
Grundsätzlich kann ich nichts Verwerfliches daran finden, wenn man ein Geschäftsmodell entwickelt, bei dem die Leistungen aus dem Paket „Basispreis plus Zusatzleistungen“ besteht. Gerade bei einer Fluggesellschaft summieren sich die Zusatzleistungen zu einem erheblichen Posten. Warum sollte aber jemand, der von A nach B fliegt, sein Ticket im Internet kauft, den Boardingpass selbst ausdruckt, kein Gepäck mitnimmt und im Flugzeug auch nichts zu essen oder zu trinken will, den gleichen Preis bezahlen, wie jemand, der all die anderen Dienstleistungen in Anspruch nimmt? Gerade auf Kurzstrecken ergeben sich daraus erhebliche Einsparungen, und ein Durchschnittswert ist alles andere als gerecht. Das Modell von zum Beispiel Ryanair setzt klar auf Kostenführerschaft – und das tut das Unternehmen so konsequent, dass es am Ende wirklich die günstigsten Nurflugpreise anbieten kann – und trotzdem ordentliche Gewinne einfährt

Was halten Sie von dem mitunter rauen Ton in Geschäften?
Den rauen Ton höre ich sehr oft sogar in Fachgeschäften – also dort, wo man ihn gar nicht erwartet. Wer glaubt, mit seinen Kunden rau umgehen zu können, der will damit oft nur den Eindruck erwecken, dass er so gut ist, dass er auf die Kunden gar nicht einzugehen braucht, weil diese sowieso im Unrecht sind. Das geht aber immer nur eine gewisse Zeit gut.

Angenommen, Sie haben die Gelegenheit, mit einer Gruppe junger Berufseinsteiger aus der Handelsbranche einen Tag zu verbringen. Wie würden Sie den Tag gestalten, um ihnen etwas mit auf den Weg zu geben?
Solche Tage veranstalte ich hin und wieder, und die kommen auch recht gut an. Die Hälfte der Zeit verbringe ich damit, die Leute mit Fragen dazu zu bringen, die Dinge einmal von einer ganz anderen Seite anzugehen. Die zweite Hälfte erzähle ich aus meinem Erfahrungsschatz.

Und am Abend?
Zeige ich, dass es wichtig ist, durch ein geselliges Miteinander Vertrauen zu schaffen.

Zum Unternehmen

Das 1933 von Rudolf Wöhrl gegründete Unternehmen erlebte sein erstes rasantes Wachstum während des Wirtschaftsbooms in den Fünfzigerjahren. Aus dem Geschäft Zetka (kurz für „Zuverlässige Kleidung“) entwickelt sich eine Modehauskette mit Filialen in bayerischen Städten. Im Jahr 1970 wurde das Unternehmen von den beiden Söhnen Gerhard und Hans Rudolf Wöhrl übernommen und bis 2002 in zweiter Generation geführt.

Mit der Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft im Jahr 2002 wechselten Gerhard und Hans Rudolf Wöhrl in den Aufsichtsrat und zogen sich damit aus dem operativen Geschäft zurück. Zwei Jahre später erwarb Gerhard Wöhrl die Aktienmehrheit und leitete die erfolgreiche Neuausrichtung des Unternehmens ein. Von 2007 bis April 2010 bekleidete der ältere Sohn des Unternehmensgründers Rudolf Wöhrl die Position des Vorstandvorsitzenden. Bis heute umfasst die Wöhrl-Unternehmensgruppe in Deutschland 40 Standorte mit rund 2.625 Beschäftigten. Der Jahresumsatz betrug im Geschäftsjahr 2009/2010 rund 362 Millionen Euro.

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