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Interview mit Georg Müller

Früh übt sich, wer ein Guter werden will: Georg Müller, Personalchef und Mitglied der Unternehmensleitung von Vorwerk, konzipierte schon als Student Rhetorikseminare für Führungskräfte. Im Gespräch mit dem karriereführer erzählt er, wie ihm diese frühen Erfahrungen auf seinem Karriereweg geholfen haben und warum eine gute Karriere nicht nur nach oben, sondern auch in die Breite führt. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Georg Müller, 49, studierte in den 80er-Jahren Pädagogik und Psychologie an der Universität Bonn. Schon während des Studiums arbeitete er als selbstständiger Trainer und konzipierte Rhetorikseminare für Führungskräfte in Unternehmen. Nach seinem Abschluss begann er 1989 seine Karriere als Personalleiter Vertrieb beim Gerling Konzern, bevor er 1991 zum Konsumgüterkonzern Henkel mit Sitz in Düsseldorf wechselte.

Dort war er 19 Jahre lang in verschiedenen Positionen als Personaler tätig, unter anderem als Leiter Management Development Asia Pacific mit Dienstsitz in Honkong sowie als Leiter Human Resources Deutschland mit Verantwortung für 10.000 Mitarbeiter. 2007 übernahm er das Ressort Human Resources im Vorstand der Henkel Central Eastern Europe und arbeitete zwei Jahre lang von Wien aus. Im Februar 2010 wechselte der Familienvater (er hat einen Sohn) dann als Personalleiter zu Vorwerk. Seit Januar 2011 ist Müller Mitglied der Vorwerk Unternehmensleitung.

Herr Müller, Sie haben während des Studiums als Personaltrainer gearbeitet. Andere Studenten kellnern – wie kam es, dass Sie diesen sehr spannenden Nebenjob ausgeübt haben?
Eins vorweg: Ich habe auch gekellnert. Damals habe ich mit Freunden eine Kellneragentur gegründet, um mein Studium zu finanzieren. Später habe ich dann Jobs gesucht, mit denen ich die Inhalte meines Studiums in der Praxis anwenden kann. Das war für mich damals ein ganz entscheidender Punkt, denn ein Absolvent steht ja vor der Aufgabe, das, was er gelernt hat, in einer praktischen Beschäftigung umzusetzen. Und je mehr sinnvolle Erfahrungen man in dieser Hinsicht sammelt, desto größer sind die Chancen für einen hervorragenden Job.

Welche Jobs haben Sie ausgeübt?
Ich habe als studentische Hilfskraft gearbeitet, Praktika in Konzernen absolviert und als freier Mitarbeiter in einer Personalberatung gearbeitet. Nach einigen Semestern kam mir dann die Idee: Gestalte doch selbst ein Seminar und biete es an einer Volkshochschule an. Ich habe also zusammen mit einem Partner ein Rhetorikseminar konzipiert – und das schlug sehr erfolgreich ein. Wir haben später dann für Verbände, Stiftungen und Unternehmen gearbeitet, und schon bald war ich nicht mehr nur Student sondern auch Personaltrainer.

Ist dieser Studentenjob bis heute von Bedeutung?
Auf jeden Fall. Themen wie Personalentwicklung, Verhaltensänderungen, Personaldiagnostik oder Feedbackkultur begleiten mich als Personaler jeden Tag. Zudem habe ich damals wahnsinnig viel gelernt, was für meinen Karriereweg unerlässlich war. Zum Beispiel, vor Gruppen zu sprechen und als jemand, der – im wahrsten Sinne des Wortes – etwas zu sagen hat, ständig unter Beobachtung zu stehen und sich davon nicht verunsichern zu lassen.

Als Empfehlung für einen Einsteiger, der im Unternehmen zum ersten Mal eine leitende Position einnimmt: Wie kann es gelingen, in einer solchen Situation überzeugend aufzutreten?
Punkt eins, er sollte sich selbst und sein Verhalten beobachten. Punkt zwei, er sollte genau beobachten, ob das, was er vermitteln möchte, auch tatsächlich ankommt. Es ist extrem wichtig, viel Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, zu beobachten, wie die eigene Botschaft ankommt. Man darf nicht den Kontakt zu den Menschen verlieren, mit denen man spricht. Punkt drei, er muss eine Botschaft so nachvollziehbar erklären, dass die Gruppe sie versteht – und er muss sie so authentisch und emotional rüberbringen, dass sich die Gruppe darauf einlässt.

Woher bekommt ein Einsteiger in ein Unternehmen das Rüstzeug, das er als Führungspersönlichkeit von morgen benötigt?
Er muss sich zunächst einmal bewusst sein, dass er neben seiner fachlichen Qualität nun andere Fähigkeiten benötigt. Diese werden an der Uni kaum gelehrt, sodass es tatsächlich vorkommt, dass Einsteiger sehr schnell vor einer leitenden Aufgabe stehen, auf die sie noch nicht wirklich vorbereitet sind. Von Seiten des Unternehmens müssen wir Angebote machen, die dabei helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen. Dafür gibt es Basis-Führungstrainings, die Grundlagen und Techniken vermitteln. Darüber hinaus geben wir unseren Führungskräften Instrumente an die Hand, die ihnen bei der Führung helfen. Das sind zum Beispiel Kriterien, mit deren Hilfe sie ihre Mitarbeiter zielgerichtet und fundiert beurteilen können.

Sie waren vor Ihrer Zeit bei Vorwerk gut 19 Jahre lang bei Henkel. Verlief Ihre Karriere bislang so konstant, wie das klingt?
19 Jahre bei einem Unternehmen ist eine lange Zeit, das stimmt. Aber die verschiedenen Stationen haben immer für viel Abwechslung gesorgt. Ich hatte innerhalb des Unternehmens immer wieder andere Verantwortungsbereiche, auch in anderen Ländern und mit komplett anderen Strukturen. Insofern gab es trotz langer Unternehmenszugehörigkeit stetigen Wandel und immer wieder die Notwendigkeit, sich auf komplett neue Herausforderungen einzulassen.

Würden Sie rückblickend sagen, dass Ihre Karriere einer Logik entspricht?
Ich habe nie einen Karriereplan gehabt, weil ich an den Grundsatz glaube: Je genauer man etwas plant, desto stärker schlägt oft der Zufall zu. Ich habe ein anderes Motto: Wenn ich einen Job wirklich gut mache, dann lässt sich der Erfolg nur schwer vermeiden. Rückblickend hat mich jede neue Station innerhalb meiner beruflichen Laufbahn einen Schritt weiter gebracht – wobei ich einen Schritt weiter nicht mit einem Schritt höher gleichsetze. Karriere ist keine Treppe, die nur nach oben führt. Für mich geht Karriere auch in die Breite. Ich erobere links und rechts neues Terrain und schaffe mir damit ein starkes Fundament, um später qualitativ etwas draufsatteln zu können.

Im Frühjahr 2010 sind Sie dann zu Vorwerk gewechselt. Worauf haben Sie sich dabei am meisten gefreut?
Auf die Herausforderung, in einem Unternehmen zu arbeiten, dass einerseits ein sehr nachhaltiges und werteorientiertes Familienunternehmen mit langer Tradition ist, andererseits in Sachen Vertrieb durch das Modell des Direktvertriebs aber sehr dynamisch orientiert ist. Ein Unternehmen, das diese beiden Pole kombiniert, empfinde ich als sehr spannend, weil ich hier als Personalverantwortlicher wirklich gestalten kann. Zudem kommt ein erneuter Schritt in die Breite: Bislang war ich bei Henkel stets regional verantwortlich, jetzt bin ich es weltweit – und das ist natürlich eine andere Dimension.

Lernt ein BWL-Absolvent, der bei Vorwerk einsteigt, den Vorwerk- Direktvertrieb konkret kennen? Geht er selbst von Haustür zu Haustür und stellt den Staubsauger Kobold vor?
Der Vertrieb benötigt natürlich hervorragende Produkte und Konzepte. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Mitarbeiter aus den unterschiedlichen Abteilungen wissen, wie der Vertrieb funktioniert. Wer bei uns neu anfängt, lernt nach Möglichkeit den Vertrieb kennen, begleitet einen Kundenberater beim Kobold und nimmt auch an einer Thermomix-Vorführung teil. Ohne ein gewisses Grundverständnis für den Direktvertrieb können Sie bei Vorwerk nicht erfolgreich arbeiten.

Zum Unternehmen

Die Ursprünge der Unternehmensgruppe Vorwerk gehen zurück ins Jahr 1883, als Carl und Adolf Vorwerk in Wuppertal die Barmer Teppichfabrik Vorwerk & Co. gründeten. Kerngeschäft von Vorwerk ist der Direktvertrieb von Produkten für den Haushalt. Die Produktpalette umfasst Haushaltsgeräte (unter anderem den Staubsauger Kobold und die Küchenmaschine Thermomix) und Jafra-Kosmetika.

Weltweit sind rund 611.000 Menschen für Vorwerk tätig, davon mehr als 31.500 als Kundenberater im Bereich Haushaltsgeräte, rund 568.000 Berater bei Jafra-Cosmetics sowie rund 21.500 angestellte Mitarbeiter. Vorwerk erwirtschaftete im Jahr 2009 ein Geschäftsvolumen von 2,277 Milliarden Euro und ist in 60 Ländern aktiv. 90 Prozent des Konzernumsatzes macht die Gruppe im Direktvertrieb, davon 80 Prozent auf Märkten außerhalb Deutschlands. Die Idee, den Staubsauger Kobold über den Direktvertrieb an den Kunden zu bringen, entstand in den 1930er-Jahren, als die Kunden dem hohen Leistungsprofil des handlichen Gerätes im Einzelhandel keinen Glauben schenkten, sodass das Unternehmen seine Berater zur Demonstration des Kobold-Könnens in die Haushalte schickte.

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