Pionier: Denis Papin

Foto: Stadt Kassel/Graupner
Foto: Stadt Kassel/Graupner

Hätte es damals einen europaweiten Innovations-Award gegeben, wäre Denis Papin ein würdiger Preisträger gewesen. Die Liste seiner Erfindungen ist lang: Ein Unterwasserfahrzeug, ein mit Dampfzylinder betriebenes Schaufelradboot, eine Schießpulvermaschine und der erste Dampfdruckkochtopf der Welt gehen auf sein Konto. Allerdings nur im übertragenen Sinne, denn er starb verarmt. Von Christiane Siemann

Würde man Denis Papin heute interviewen, würde er wahrscheinlich bedauernd feststellen, dass das Material 1706 noch nicht reif für seine Erfindung war. Der Mediziner, Physiker, Mathematiker und bekannteste Forscher seiner Zeit experimentierte unermüdlich und legt die Grundlagen für viele technische Entwicklungen.

Denis Papin, Sohn einer wohlhabenden calvinistischen Familie in Blois/Frankreich, studierte zunächst Medizin an der Universität Angers. Er promovierte auch, aber wandte sich dann von der Medizin ab. Seine Leidenschaft galt der Mathematik und der Physik. Erstes Ansehen erwarb er sich an der Akademie der Wissenschaften in Paris und ab 1675 an der Royal Society in London. In diese Zeit fällt seine Erfindung des Dampfdruckkochtopfes. Es wird erzählt, dass die erste Vorführung vor den Mitgliedern der Royal Society in einer Explosion mündete – er musste erst noch ein Sicherheitsventil entwickeln, bevor seine Erfindung Gebrauchswert erhielt. Dann aber stand sie Pate für die modernen Dampfdrucktöpfe.

Der Wissenschaft bleibt er in Erinnerung, weil seine Ideen einen Meilenstein auf dem Weg zur funktionierenden Dampfmaschine darstellen. Als Professor für Mathematik an der Universität Marburg lehrte er Hydraulik, Sonnenuhrkunde und Astronomie. Vor allem aber baute er 1690 die erste Versuchsdampfmaschine, bei der es sich um die erste funktionierende Wärmekraftmaschine handelte – 80 Jahre vor James Watt, der als ihr Erfinder gelten sollte.

Buchtipp

Karsten Gaulke et al.: Denis Papin: Erfinder und Naturforscher in Hessen-Kassel.
Euregio Verlag 2009. ISBN 978-3933617361. 20,00 Euro.

Der Pionier und die Stadt Kassel
In der Stadt Kassel hat er die bedeutendsten technologischen Spuren hinterlassen. Landgraf Karl holte Papin 1696 an den Hof, weil er sich von ihm Hilfe bei der Entwicklung einer großen Wasserpumpe versprach. Diese sollte die hessischen Bergwerkstollen entwässern, aber zugleich auch den neu angelegten Lustgarten in der Karlsaue trockenlegen. Wie viele andere Barockfürsten wollte Karl in einer Parkanlage mit hoher Fontäne seinen Glanz krönen. Dabei setzte er auf Papin. Der widmete sich vor allem der Frage, wie man Dampf in Energie umwandeln kann. Er entwarf verschiedene Pumpen, ein U-Boot und eine Hochdruckdampfmaschine, in der zum ersten Mal die Kraft von Wasserdampf auf einen Kolben übertragen wurde. In der Kurhessischen Eisenhütte Veckerhagen baute Papin den ersten Dampfzylinder und entwickelte daraus eine Hochdruck- Dampfpumpe, die Wasser 24 Meter hoch fördern konnte.

Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit wurde diese Konstruktion im Jahre 1706 vor dem Ottoneum – dem ältesten und ersten feststehenden Theaterbau Europas – vorgeführt. Dort erinnert heute der Papin-Brunnen an den genialen Physiker. Die Konstruktion, die dann im heutigen Schlosspark Wilhelmshöhe zum Einsatz kam, war allerdings nur kurz in Betrieb. Die Metallverarbeitung war noch nicht so weit: Das Wasser sprudelte, und dann brachen Rohre und die Dichtungsringe. Nach zwölf Jahren verließ Papin Kassel. Seine letzte Erfindung in Hessen war 1707 ein Schaufelradboot, das mit einem Dampfzylinder betrieben wurde. Damit wollte er nach London zurückkehren. Doch die Expedition endete bereits in Hannoversch Münden, wo die örtliche Fischergilde das Boot im Streit um Passierrechte zerstörte. Der Forscher kehrte nach London zurück. Dort gelang es ihm aber nicht mehr, Fuß zu fassen. Er starb verarmt vermutlich im Jahre 1712.

Weltkulturerbe
Heute erinnert nicht nur der Papin- Brunnen vor dem Ottoneum an den Physiker und Erfinder, sondern auch das Technik-Museum Kassel. Hier befindet sich der funktionsfähige Nachbau der Papinschen Pumpe mit der Erläuterung, dass sich Denis Papin erfolgreich der „Kunst, das Wasser zu heben“ widmete und die erste Hochdruckdampfpumpe der Welt baute.

Möglicherweise wird Papin mit der Stadt Kassel jedoch noch zu späten Ehren kommen. Denn die Stadt hat den Antrag zur Aufnahme des Kasseler Bergparks und seiner Wasserspiele in die Liste der Weltkulturerbestätten der UNESCO gestellt. Unter anderem wegen des Dreiklangs „Technik-Kunst- Natur“. Und daran hat Papin seinen Anteil. Auch wenn seine Maschine in Kassel nicht zum Einsatz kam, war sie der direkte Vorläufer der Dampfmaschine, die wenig später die Welt revolutionierte. „Technische Innovationen am Hofe der Kasseler Fürsten im Kontext der Wasserspiele haben damit Einfluss auf die Technikgeschichte der Welt gehabt. Die Notwendigkeit, für die Wasserspiele druckfeste Rohre zu bauen, führte in den landgräflichen Gießereien zu wegweisenden Fortschritten, ein Teil der 300 Jahre alten Rohrleitungen ist (…) bis heute in Gebrauch“, heißt es im Aufnahmeantrag der Stadt. Über die Aufnahme Kassels in die „Champions League“ der bedeutendsten Kulturstätten der Welt wird die UNESCO voraussichtlich im Sommer 2013 entscheiden.

Lebenslauf Denis Papin

  • Geboren am 22.08.1647 in Chitenay (Frankreich), gestorben 1712 (genaues Datum unbekannt)
  • Er besucht die Jesuitenschule, 1661 beginnt er sein Studium an der französischen Universität Angers, das er mit der medizinischen Prüfung abschließt
  • Von 1671 bis 1674 lebt Papin in Paris, 1675 geht er nach London, um bei dem Chemiker Robert Boyle zu arbeiten. 1679 wird er Assistent bei dem Physiker Robert Hooke und 1680 Mitglied der Royal Society. 1681 geht er nach Italien, wo er bis 1684 Leiter der experimentellen Abteilung der accademia publicca di science in Venedig ist. Von 1684 bis 1687 ist er wieder in London tätig
  • 1687 bis 1696 lehrt er als Professor für Mathematik in Marburg. Papin erfindet die Zentrifugalpumpe und veröffentlicht erste Arbeiten zur Kolbendampfmaschine
  • Landgraf Karl ruft ihn 1696 an den Hof nach Kassel, wo er nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit eine Hochdruckdampfpumpe baut
  • Nach zwölf Jahren kehrt Papin nach London zurück und stirbt dort unbekannt und in Armut