„Wir wollen Wünsche erfüllen“

Foto: Fotolia/bloomua
Foto: Fotolia/bloomua

Viele Jahre lang stand der Elektronikhändler Conrad für gut sortierte Filialen und dicke Kataloge. Als Pionier hat sich das Unternehmen sehr früh dem Onlinegeschäft gewidmet – mit der Folge, dass der Händler heute zu den weltweit erfolgreichsten „Cross-Channel-Champions“ zählt, wie ein Ranking des US-Marktforschers Ebeltoft Group aufzeigt. Ein Gespräch mit Conrad-Geschäftsführer Jörn Werner über die gegenwärtige Multichannel-Strategie, den Handel von morgen und das Ende des Katalogs. Die Fragen stellte André Boße

Jörn Werner, Foto: Conrad
Jörn Werner, Foto: Conrad

Herr Werner, bleibt der Dreiklang aus Filialen, Katalogen und Onlineshops auch in Zukunft bestehen?
Man sollte hier mit Blick auf die Zukunft eher von einem Zweiklang sprechen, denn der gedruckte Katalog wird über kurz oder lang in der heutigen Form nicht mehr existieren. Die Märkte sind zu schnelllebig und die Produktlebenszyklen zu kurz geworden, als dass man sie in einem unflexiblen Medium wie einem Katalog anbieten könnte. Die Erstellungszeiten und Laufzeiten eines Katalogs sind dafür viel zu lang. Es wird nur noch Printwerbemittel geben, die Impulse setzen.

Bleibt also ein Zweiklang. Wie können sich E-Commerce und Stationärhandel so ergänzen, dass echte Synergien entstehen?
Die Filiale wandelt sich in einen Showroom und in ein Beratungszentrum, in dem ein repräsentativer Teil des Sortiments für den Kunden erlebbar ist. Über den Onlineshop kann dann ein breites und tiefes Vollsortiment angeboten werden, das stationär gar nicht darstellbar und auch nicht finanzierbar wäre, wenn man die hohen Fixkosten einer Filiale in Betracht zieht.

Wie haben sich die Kaufprozesse Ihrer Kunden in den vergangenen Jahren verändert?
Der Kunde von heute bestimmt, wann, wo und wie er kaufen möchte und welche Serviceleistungen er in Anspruch nimmt. Für unsere Kunden ist es Standard, dass sie über den Bezugskanal entscheiden und innerhalb der Kanäle jederzeit wechseln können.

Wie läuft das ab?
Ein Kunde sucht zum Beispiel sein Produkt in Ruhe im Onlineshop, lässt es sich nach Hause oder aber auch in die Filiale liefern, um dort weitere Beratung in Anspruch zu nehmen. Genauso kann der Filialkunde ein stationär nicht vorrätiges Produkt direkt in der Filiale online bestellen und sich nach Hause liefern lassen. Darüber hinaus stehen ihm über alle Kanäle weitere Leistungen zur Verfügung wie zum Beispiel unser Meisterservice, der Techniklösungen maßgeschneidert plant, projektiert und auf Wunsch auch installiert sowie wartet.

Reine Internetanbieter üben einen hohen Preisdruck aus. Wie reagieren Sie darauf?
Wir bieten ja beides, sowohl Onlineshop als auch Filiale. Daher stellt sich bei uns eher die Frage, ob und wie wir die Preisgestaltung servicebezogen anpassen. Das könnte bedeuten, dass der Kunde in der Filiale bewusst eine Servicepauschale für die Beratung bezahlt – genauso wie der Versandkunde eine Versandkostenpauschale bezahlt. Unser Weg ist ganz klar: Wir wollen die Bedürfnisse unserer Kunden befriedigen. Wenn der Kunde so günstig wie möglich kaufen möchte, kann er online bestellen und hat sein Paket standardmäßig innerhalb von 24 Stunden. Möchte er eine Beratung oder sein Paket schneller geliefert haben, kann er dies gegen eine Servicepauschale wählen.

Welchen Einfluss hat der Multichannel- Handel auf die Gestaltung Ihres Sortiments?
Das ist vor allem eine Frage der Positionierung. Wir wollen der Technikanbieter für unsere Kunden sein. Mit dieser Positionierung müssen wir ein unvergleichlich kompetentes Sortiment anbieten, was wir heute bereits haben und das wir ständig ausbauen. Die Herausforderung ist dabei, dass die Suche bei dieser Vielfalt einfach und nutzerfreundlich bleibt.

Wie wird sich bei Ihnen das Geschäft über die diversen Kanäle in den kommenden zehn Jahren entwickeln?
Eine spannende Frage, die wir heute natürlich beantworten können, indem wir Trends beobachten. Die Filialen werden mehr einen Erlebnischarakter besitzen, wobei „touch and feel“ und lösungsorientierte Beratung im Vordergrund stehen werden – denn genau das ist online nicht oder nur begrenzt darstellbar. Das Smartphone wird vermehrt als virtueller Einkaufswagen dienen: Egal ob Internet oder Filiale, der Kunde kann alles virtuell erledigen. Er kann Produkte suchen, bezahlen oder umtauschen. Durch die mobile Kommunikation wird der Kunde zukünftig von überall und zu jeder Tageszeit kaufen können – und sich die Einkäufe dann zu jedem Ort seiner Wahl liefern lassen. Das ist für den Handel eine spannende Herausforderung, der wir uns als Unternehmen gerne stellen.

Elektronikhändler vorne

In seinem „Omnichannel Maturity Index 2013“ analysierte und bewertete IBM die Qualität der Multichannel-Angebote großer deutscher Handelsunternehmen. Das Fazit: „Onlinegeschäft und stationärer Handel greifen immer besser ineinander, immer mehr Anbieter verknüpfen die unterschiedlichen Vertriebskanäle miteinander, um den Kunden ein durchgängiges Einkaufserlebnis zu ermöglichen.“

Wie im letzten Jahr dominieren im Ranking die Elektronikfachhändler: Conrad verteidigte seinen ersten Platz, es folgen Saturn, Media Markt sowie der Computerspezialist Cyberport. „Warenhäuser und Mode schließen auf“, heißt es in der Studie. In den Top 10 platziert sind hier Esprit, SportScheck und Galeria Kaufhof. Der Lebensmittelhandel hinkt aufgrund der geringen Brutto-Margen nach wie vor hinterher.