Interview mit Roland Grebe

Der Visionär

Roland Grebe, Foto: SMA Solar Technology
Roland Grebe, Foto: SMA Solar Technology

Schon als er bei SMA einstieg, hatte er eine Vision: Er wollte zu 100 Prozent erneuerbare Energien. So entwickelte Roland Grebe als Techniker damals eine grundlegende Innovation mit. Heute lenkt er als Vorstandsmitglied die technologische Entwicklung im Konzern. Im Interview spricht er über Kreativität, Innovationen und darüber, welche Eigenschaften Führungskräfte mitbringen sollten, um erfolgreich zu sein. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Roland Grebe, Jahrgang 1960, studierte Elektrotechnik und ist bereits seit 1984 bei SMA in verschiedenen Managementpositionen im Entwicklungsbereich tätig. Er entwickelte die ersten Photovoltaik-Wechselrichter, die später die Grundlage der Sunny Boy und Sunny Central Wechselrichter von SMA bildeten. Roland Grebe überführte im Unternehmen den Zentral-Wechselrichter-Bereich von der Einzelprojektbearbeitung zum Serienlieferanten für Kraftwerkstechnik und baute die Netzintegrationskompetenz von SMA zur Absicherung der zukünftigen Marktfähigkeit der Produkte auf. Seit Juni 2009 ist Roland Grebe Vorstandsmitglied für den Bereich Technologie.

Herr Grebe, Sie sind seit 1984 bei SMA und waren an der Entwicklung der ersten Photovoltaik-Wechselrichter beteiligt. War Ihnen damals bewusst, dass Sie hier an einer Innovation arbeiten, auf deren Grundlage sich ein Unternehmen wie SMA entwickeln kann?
Schon immer war es unsere Vision, dass die Menschen eines Tages zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Dass die Photovoltaik so schnell so stark wachsen würde, haben wir am Anfang nicht gedacht. Gleichzeitig haben unsere Technologien auch zur schnellen Verbreitung der Photovoltaik beigetragen, denn wir arbeiten seit 30 Jahren daran, den Betrieb von Photovoltaikanlagen noch einfacher, zuverlässiger, sicherer und wirtschaftlicher zu machen.

Was gehört generell dazu, wenn aus einer guten Idee eine Innovation werden soll?
Aus einer guten Idee wird nur dann eine Innovation, wenn daraus ein Produkt entsteht, das erfolgreich in den Markt eingeführt werden kann. Dabei muss schon in einer frühen Phase ein Nutzen darstellbar sein. Oft werden gute Ideen in Produkte umgesetzt, für die der Markt noch nicht reif ist. Daher bewerten wir die Ideen auch immer dahingehend, ob sie bereits zum aktuellen Zeitpunkt in ein Produkt einfließen sollten. Wenn wir denken, dass wir zu früh sind, kommt die Idee in einen Ideenspeicher, den wir jährlich neu bewerten.

Welche Grundvoraussetzungen sind für technische Entwickler wichtig, um kreativ und innovativ zu arbeiten?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man nur in einem von Offenheit, Transparenz und Teamgeist geprägten Umfeld kreativ und innovativ arbeiten kann. Die besten Ideen entstehen bei der Diskussion mit Kollegen beziehungsweise sie werden dort angereichert und verbessert. Wir führen mit unseren Entwicklern Zukunftsworkshops durch. Dort entwickeln wir mögliche Trends und Szenarien der nächsten Jahre und leiten Chancen und Herausforderungen ab. So entstehen neue Ideen für zukünftige Innovationen, aber auch für kurzfristig umsetzbare Produktverbesserungen.

Was ist im Innovationsprozess wichtiger: Kreativität oder Hartnäckigkeit?
Man benötigt beides. Kreativität, um gute neue Lösungen zu finden, anschließend aber auch Hartnäckigkeit, um trotz anfänglicher Widerstände an der Idee festzuhalten und daraus eine Innovation werden zu lassen.

Ihnen ist im Verlauf Ihrer Karriere der Sprung vom Techniker zum Top- Manager gelungen. Ab wann wussten Sie als junger Mann: „Ich kann auch Management!“?
Als ich vor 30 Jahren zu SMA kam habe ich mir keine Gedanken über eine Managementposition gemacht. Vielmehr hat mich die Vision einer hundertprozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien fasziniert. Mit dem Wachstum unseres Unternehmens erweiterte sich auch mein Verantwortungsbereich. Dass ich auch Management kann, war mir schon als Abteilungsleiter bewusst. Denn auch in dieser Position ist es wichtig, dass man sowohl Mitarbeiter führen kann und bereit ist, Ergebnisverantwortung zu übernehmen, als auch Strategien zu entwickeln, um die Unternehmensziele zu erreichen.

Mit Blick auf junge Ingenieure, die diesen Schritt später ebenfalls vollziehen möchten: Welche Fähigkeiten sind für sie, die ins Top-Management wollen, unverzichtbar?
Als Führungskraft sollte man Verantwortung übernehmen wollen, sie aber auch delegieren können. Weitere wichtige Eigenschaften sind Offenheit, Ehrlichkeit, Empathie und Vertrauen in die Mitarbeiter. Man muss verstanden haben, dass man nur mit motivierten und engagierten Mitarbeitern erfolgreich sein kann. Ein guter Entwickler ist nicht unbedingt ein guter Manager. Daher haben wir bei uns drei Karrierewege für Ingenieure eingeführt, die hinsichtlich ihrer Position und Vergütung gleichwertig sind: als Führungskraft, als Fachexperte und als Projektleiter.

Die Solarbranche hat derzeit mit großen Umbrüchen zu kämpfen. Was raten Sie einer Nachwuchskraft, die sich für einen Einstieg in diesem Bereich interessiert: Jetzt erst recht in die Branche – oder lieber erst einmal abwarten?
Der Energiesektor befindet sich in einem nachhaltigen Wandel und die mittel- bis langfristigen Aussichten für die erneuerbaren Energien sind gut. Wer also in einem dynamischen Umfeld aktiv an der Energieversorgung der Zukunft mitarbeiten möchte, sollte jetzt in die Branche einsteigen.

Welche Themen werden die Solarbranche in technischer Hinsicht in den kommenden Jahren bestimmen?
Ein sehr wichtiges Thema ist die Einbindung von Speichertechnologien aller Größen in das System. Dadurch machen wir Solarenergie jederzeit nutzbar und tragen zur Stabilisierung der Stromnetze bei. Das ist Voraussetzung, um eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien zu realisieren und die Netzausbaukosten so gering wie möglich zu halten. Ebenso intensiv arbeiten wir an der weiteren Kostensenkung der Photovoltaiksystemtechnik sowie dem Energiemanagement in Privathaushalten und Gewerbebetrieben zur optimalen Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen.

Als Vorstand haben Sie heute sicherlich weniger Zeit, um an technischen Herausforderungen zu tüfteln. Vermissen Sie das manchmal?
Auch als Vorstand nehme ich mir Zeit, mit den Entwicklern sowohl über neue technische Konzepte als auch über konkrete Herausforderungen zu diskutieren, die bis ins letzte Schaltungsdetail gehen können. Das macht nicht nur mir, sondern auch den Entwicklern Spaß. Das ist uns wichtig: Arbeiten bei uns soll Spaß machen.

Zum Unternehmen

SMA wurde 1981 gegründet, die drei Buchstaben stehen ursprünglich für das damalige Geschäftsfeld: System-, Mess- und Anlagentechnik. Seit 2008 nennt sich der börsennotierte Konzern SMA Solar Technology, um den Fokus auf die Photovoltaik-Branche zu unterstreichen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Niestetal bei Kassel entwickelt, produziert und vertreibt Solar-Wechselrichter – also die Schlüsselkomponenten, um den durch Photovoltaik gewonnen Gleichstrom in Wechselstrom zu wandeln, der dann zum Eigenbedarf oder als Einspeisung ins Stromnetz genutzt werden kann. SMA ist mit seinen internationalen Tochtergesellschaften in 21 Ländern präsent und beschäftigt derzeit mehr als 5000 Mitarbeiter.