„Nun fangt doch erstmal an!“

Interview mit Monika Schulz-Strelow

Foto: Fotolia/BERLINSTOCK
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Als meinungsstarke Lobbyistin für mehr Frauen in Führungspositionen und Gründerin des Vereins FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte), hat die Unternehmensberaterin Monika Schulz-Strelow in den vergangenen Jahren einiges bewegt. Ihr Rat an Einsteigerinnen in die Medienbranche: Ein scharfer Blick bei der Wahl des Arbeitgebers und kein unnötiges Zögern beim Karrierestart. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Monika Schulz-Strelow, Foto: Caroline Scharff
Monika Schulz-Strelow, Foto: Caroline Scharff

Monika Schulz-Strelow ist Unternehmensberaterin sowie Gründungsmitglied und Präsidentin des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte – FidAR, einem der einflussreichsten Frauennetzwerke Deutschlands. Seit 2011 gibt FidAR den Women-on-Board-Index heraus, in dem die 160 größten börsennotierten Unternehmen nach dem Frauenanteil in Aufsichtsrat und Vorstand gerankt werden.
www.fidar.de/wob-index

Frau Schulz-Strelow, wie steht es um die Chancen für Frauen, in Medienunternehmen in Führungspositionen zu gelangen?
Gäbe es ausreichend Chancen für Frauen in der Medienbranche, hätte sich nicht ein Verein wie „Pro Quote Medien“ gründen müssen, der eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent in allen Print- und Onlinemedien sowie im Fernsehen und Radio auf allen Führungsebenen bis 2017 fordert.

Woran erkennt man Medienunternehmen, die es nicht ernst damit meinen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?
Ein Medienkonzern, der bis heute noch immer keine Frau im Vorstand oder auf der Anteilseignerseite des Aufsichtsrats hat, hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Ich würde mir als interessierte Berufseinsteigerin, die Karriere machen möchte, daher die Führungsgremien genau anschauen. Auch ein Blick in die Medien ist hilfreich, weil ich hier erkennen kann, welche Medienhäuser sich im Bereich Diversity offen engagieren. Viele Unternehmen haben keine Frauen in den Führungsgremien und beteiligen sich nicht an der gesellschaftlichen Diskussion, behaupten aber, sie würden ausschließlich nach Qualifikation besetzen.

Was tun Unternehmen, um Frauen zu fördern?
Frauen werden heute in den Unternehmen durch zahlreiche Frauenförderpläne und Mentorenprogramme gefördert. Wesentlich ist jedoch dabei, dass sie befördert werden. Allen Förderprogrammen haftet sonst der Beigeschmack von Defizitbeseitigung an. Jedoch reicht es mit dem Jobeinstieg nicht mehr aus, sich als junge Frau allein auf das eigene Können zu verlassen. Wer nicht rechtzeitig auf sich aufmerksam macht, wird bei Beförderungen schnell übersehen. Junge Frauen nehmen ihr Selbstmarketing häufig viel zu wenig in die Hand. Sich selbst frühzeitig zu positionieren ist wichtig. Gerade in der Medienbranche, wo Kommunikation und Marketing zu den Kernthemen zählen. Darauf zu warten, dass irgendwann das Talent entdeckt wird, führt selten zum Ziel. Die Vorgesetzten können junge Frauen nur sinnvoll fördern, wenn sie wissen, wo diese hinwollen. Zudem ist aus meiner Sicht aktives Netzwerken erforderlich – wiederum ein besonders wichtiger Aspekt in Medienberufen. Wer Karriere machen will, muss seine Freizeit zumindest gelegentlich bei beruflichen Netzwerktreffen verbringen. Niemand kommt isoliert an die Spitze. Es braucht immer Ranghöhere, die einen fördern. Für junge Frauen bedeutet das, dass sie auf Events wie der Weihnachtsfeier oder einem Firmenlauf nicht fehlen sollten. Gleichzeitig rate ich Einsteigerinnen, Treffen von Menschen aus der Medienbranche in der Stadt oder in der Region ausfindig zu machen und sich dort mit Kollegen und Kolleginnen außerhalb des eigenen Unternehmens zu vernetzen.

Buchtipps der Redaktion

Insa Sjurts:
Frauenkarrieren in der Medienbranche: Auf was es ankommt.
Springer Gabler 2014.
ISBN 978-3658023812.
39,99 Euro

Arianna Huffington:
Die Neuerfindung des Erfolgs: Weisheit, Staunen, Großzügigkeit – Was uns wirklich weiter bringt.
Riemann Verlag 2014.
ISBN 978-3570501733.
19,99 Euro

Nun möchten einige junge Frauen vielleicht zeigen, dass es auch anders geht. Dass sie keine Quote nötig haben, dass sie es doch alleine über die Qualifikation schaffen können. Was sagen Sie solchen Frauen?
Ich gönne den jungen Frauen diese Sichtweise. Auch viele Frauen meiner Generation haben so gedacht, und nicht wenige von denen haben es ohne Förderung bis nach oben geschafft, doch es war ein sehr hürdenreicher Weg. Was man jedoch als junge Frau unbedingt beachten muss: Die Durststrecken kommen nicht direkt nach dem Einstieg in ein Unternehmen. Die Ernüchterung setzt meistens in der zweiten Karrierephase ein, wenn sie sehen, dass Männer schneller vorankommen als sie selber, und sich akut die Frage nach der Gründung einer Familie stellt. In dieser Phase verringert sich für viele Frauen die Karrieregeschwindigkeit, während viele Männer weiterhin unbeirrt nach oben steuern.

Was wäre eine falsche Reaktion auf diese drohende Durststrecke?
Apathie. Ich war vor Kurzem auf einem Karrieretag und war überrascht, wie viele Frauen vor dieser Bürde, Beruf und Familie in Einklang zu bringen, hockten wie ein hypnotisiertes Kaninchen. Eine Teilnehmerin aus dem Kreis sagte dann: „Nun fangt doch erst einmal an!“ Ich beobachte bei vielen jungen Frauen heute ein größeres Moment des Zögerns. Man kann beinahe von einer Generation der Zweiflerinnen sprechen.

Woran machen Sie das fest?
Bei einigen jungen Frauen fehlt mir der Hunger, nach der Uni zu sagen: „Jetzt geht’s los, jetzt will ich was schaffen.“ Sie sind häufig sehr gut ausgestattet, weil sie zur Zeit des Abiturs und auch in der Studienzeit eine komfortable Unterstützung durch die Eltern erfahren haben. Dieses Leben in der Komfortzone kann träge machen und verhindern, dass die Frauen sagen: „Ich nutze meine gute Ausgangsposition, um nun die Schranken, die sich mir in den Weg stellen, zu überwinden.“ Hindernisse sind die Härte des Lebens – und mir fällt auf, dass viele Einsteigerinnen überrascht sind, wenn sie auf diese treffen. Denn trotz aller Maßnahmen zur Work-Life-Balance und aller Forderungen, die junge Frauen und Männer der Generation Y in dieser Hinsicht an ihren Arbeitgeber stellen: Unternehmen sind keine Salons.

Webadressen

www.pro-quote.de
www.buecherfrauen.de
www.journalistinnen.de

Frauen in Führung

Das aktuelle kress-Ranking: die Top Ten der besten Medienmanagerinnen:
www.kress.de