Freundliche Umwege statt Blumen

Foto: Fotolia/Photoalenka
Foto: Fotolia/Photoalenka

Petra Motte ist lizenzierter Coach für interkulturelles Training und bereitet Expatriates auf ihren Auslandsaufenthalt vor. Sie weiß genau, wie man Fettnäpfchen vermeidet und als Frau in Asien nicht nur beruflichen Erfolg findet, sondern bereichernde Lebenserfahrung sammelt. Von Daniela Kebel

Petra Motte, Foto: Grafika
Petra Motte, Foto: Grafika

„Bloß keine Blumen mitbringen“, warnt Petra Motte. „Die bedeuten ,abgeschnittenes Leben‘, und je nach Farbe sind sie sogar ein Symbol für den Tod.“ In Rollenspielen bereitet die lizenzierte Trainerin ihre Klienten auf den Auslandsjob in Südostasien vor. Ohne interkulturelles Training sollte heute niemand mehr in der Ferne arbeiten. „Da gibt es zu viele Fettnäpfchen, in die man treten kann“, weiß die Beraterin aus eigener Erfahrung. Sie hat in Manila, Bangkok und bis vor kurzem vier Jahre in Singapur gelebt – jetzt ist sie der „Asien-Coach“ für alle, die beruflich den Schritt in den fernen Osten wagen wollen.

Der Job ist die eine Welt, das Privatleben die andere. Welche schwieriger zu managen ist? „Ganz klar die private“, sagt Petra Motte. Denn in einem asiatischen Land ticken die Uhren einfach anders. Vom Führerschein über das Mieten einer Wohnung bis zu Versicherungen und dem Arztbesuch ist alles fremd. „Man muss sich vorab sehr gut informieren, damit der Aufenthalt in Asien kein Sprung ins kalte Wasser wird.“ Schon allein den richtigen Supermarkt zu finden und zu wissen, wo man wie lange parken darf, kann eine Herausforderung sein. „In Singapur gibt es beispielsweise sehr strikte Regeln, was Parktickets anbelangt“, erzählt die Asienkennerin und fügt hinzu: „Unwissenheit schützt da leider nicht vor hohen Geldstrafen.“

Allerdings hat auch die neue Arbeitsumgebung ihre Besonderheiten. Der Job selbst ist zwar bekannt, die Kollegen aber neu. „Das Wichtigste vor der Reise ist eine intensive Vorbereitung auf die Mentalität“, so Motte. „Ob Lob, Kritik oder Smalltalk – plötzlich gelten ganz andere Regeln der Kommunikation.“ Asiaten beispielsweise sprechen Schwierigkeiten nie geradeheraus an, versuchen selbst Lösungen zu finden, anstatt sich hilfesuchend an Vorgesetzte zu wenden. „Gesichtsverlust ist ihre größte Sorge. Da muss man sich sehr zurückhalten mit Kritik.“ Vor allem Frauen, die letztlich in Deutschland ihre Führungsposition durch hohe Qualifikation und Durchsetzungsvermögen erreicht haben, sollten einen Gang zurückschalten. „Freundliche Umwege“ nennt Motte ihre Taktik. „Eine emanzipierte Frau tut in Asien gut daran, sich sehr höflich gegenüber den Untergebenen zu verhalten und sich niemals mit ihnen zu streiten.“

Zumal auch Hierarchien anders aufgebaut sind: „In Deutschland entscheiden Leistung, Kompetenz und Engagement über die Position in der Firma. In Asien hängt vieles von der Herkunft ab.“ Wer aus einer reichen, angesehenen Familie stammt, gelangt in eine hohe Position im Job. Qualifikation ist da oft Nebensache. „Sich durchzusetzen, ohne dass Kollegen ihr Gesicht verlieren, ist schwer genug. Dazu kommt, dass viele Gesellschaften Frauen entweder keine Führungsrolle zugestehen oder diese im Gegenteil als selbstverständlich erachten. Auf beide Fälle sollte man sich vorbereiten“, sagt die Trainerin.

Hat man den Bogen aber erst einmal raus, sollte es doch laufen, oder? „Jeder kommt in Situationen, in denen er automatisch agiert“, sagt Motte. „Das sind unsere anerzogenen Verhaltensweisen, die das Leben in unserem Kulturkreis ermöglichen.“ Ablegen könne die niemand – egal, wie lang der Auslandsaufenthalt dauert. Für eine gewisse Zeit wird aber die eigene Mentalität überlagert von den Umgangsformen im fremden Land. „Das ist anstrengend“, erinnert sich die Trainerin an ihre Jahre in Asien. „Überall lauern Fettnäpfchen.“ Wird man beispielsweise zu einer Hochzeit eingeladen, müsse man unbedingt vorher den Dresscode erfragen. Und sich erkundigen, in welchem Restaurant gefeiert werde. „Es ist üblich, Geldgeschenke im Wert des eigenen Essens mitzubringen“, erzählt Motte.

Bei aller Faszination für das Neue sei es wichtig, sich im Ausland sofort Rückzugsorte zu schaffen, in denen man ganz nach seiner eigenen Kultur leben könne. Dass man sich deutsche Bekannte und Freunde suche und zu Hause möglichst auch nur die Muttersprache spreche. „Sonst verliert man sich in der kulturellen Mischform und findet sich weder in der Heimat noch im Ausland hundertprozentig zurecht.“

Die zentrale Frage, die Petra Motte im Coaching stellt, ist, ob derjenige sich wirklich auf das asiatische Land einlassen kann. Dafür gibt es einen Fragenkatalog, der die grundsätzliche Fähigkeit und Bereitschaft dazu ermittelt. Dieser Intercultural Readyness Check gibt Kandidaten, Coach und auf Wunsch auch dem Personalchef Aufschluss darüber, ob der richtige Mitarbeiter ins Ausland entsandt wird. „Geht der falsche, ist es für ihn selbst keine gute Erfahrung, und es kostet die Firma viel Geld. Denn letztlich hängt ein kompletter Umzug dran, eventuell mit Partner, Familie und Haustieren.“ Einmal entschlossen, sollten aber vor allem Frauen die Chance eines Auslandaufenthaltes nutzen, um von den Erfahrungen zu profitieren. „Wer ein Team in Asien geleitet hat, wird künftig in wichtige Prozesse einbezogen, Fähigkeiten werden schneller anerkannt.“ Und was ist der Lohn, wenn der Expatriate im Ausland erfolgreich war? „Das gibt Selbstbewusstsein! Vor allem deshalb, weil man sich jahrelang in einer fremden Sprache allen Herausforderungen stellen musste“, resümiert Motte und fügt hinzu: „Alles Weitere im Job wird dann ein Spaziergang.“

Intercultural Readyness Check (IRC)
Der Test basiert auf 63 Fragen zum Thema interkulturelle Kommunikation, Risikobereitschaft, Einfühlungsvermögen und interkulturelle Sensibilität. Mit mehr als 25.000 individuellen Profilen ist der Test ein weltweit anerkanntes Erhebungsverfahren, um die interkulturellen Kompetenzen zu messen. Am Ende wird ein Profil ausgedruckt, in dem typische Stolperfallen erläutert und mögliche Handlungsalternativen vorgeschlagen werden. In einem persönlichen Gespräch besprechen Teilnehmer die Ergebnisse mit ihrem IRC-Coach.Die Teilnahme an diesem Test ist von einem interkulturellen Training unabhängig und kann auch einzeln gebucht werden. Der Test bietet eine fundierte Grundlage für Bewerbungsgespräche, gibt Hilfestellungen bei der Entscheidung für einen beruflichen Auslandsaufenthalt und informiert über individuelle persönliche Kompetenzen.Weitere Informationen auf der Website von Petra Motte: www.movasis.com