Blickpunkt: Pionierinnen

Frauen in Führungspositionen sind inzwischen keine Ausnahme mehr – aber das war nicht immer so. Die Frauen, die sich als Erste in ihren Disziplinen durchsetzten und auf diese Weise neue Berufsfelder für Frauen eröffneten, geraten oft in Vergessenheit. Wer also waren sie, die Vorreiterinnen, die sich für Frauenrechte einsetzten, die Wissenschaften für Frauen öffneten, sich als selbstständige Unternehmerinnen einen Namen machten und als Sportlerinnen Erfolge feierten? Wir stellen Ihnen eine kleine Auswahl solcher Frauen vor – Teil 2 finden Sie im karriereführer frauen in führungspositionen Ausgabe 2013.2014. Von Leonie Pohlmann

Olympe de Gouges – die erste Frauenrechtlerin (* 1748, † 1793)
Die französische Revolution gilt als Geburtsstunde der Menschenrechte in Europa. Allerdings wissen viele nicht, dass die Menschenrechte der französischen Nationalversammlung auf Männer beschränkt waren, Frauen waren vom politischen Leben weitestgehend ausgeschlossen. Diese Ausgrenzung stieß bei vielen Frauen auf Widerstand – auch bei Olympe de Gouges, einer der bekanntesten Frauenrechtlerinnen der Zeit: Sie wurde 1748 geboren und veröffentlichte nach Ausbruch der Revolution politische Texte, Flugblätter und Plakate. Ein Thema hatte für sie höchste Priorität: die Rechte der Frauen. Weil sie gegen die Jakobiner war, aber auch wegen ihres Einsatzes für die Frauenrechte, wurde sie im Sommer 1793 verhaftet und hingerichtet.

Marie Curie – die erste Nobelpreisträgerin (* 1867, † 1934)
Die sich im 18./19. Jahrhundert herausbildenden Naturwissenschaften waren zunächst eine reine Männerdomäne, auch, weil Frauen erst spät Zugang zur höherer Bildung bekamen. Von dieser Benachteiligung war auch die Nobelpreisträgerin Marie Curie betroffen: Sie wurde 1867 in Warschau geboren. Da Frauen in ihrer Heimat nicht zum Studium zugelassen wurden, schrieb sie sich 1891 an der Sorbonne in Paris ein, wo sie mit der Erforschung radioaktiver Substanzen begann. Sie entdeckte das strahlende Element Radium und wurde zur Pionierin auf dem Gebiet der Radioaktivität. Für ihre Arbeit erhielt sie 1903 als erste Frau den Nobelpreis für Physik und 1911 einen weiteren für Chemie. Sie war damit die erste Person, die zwei Nobelpreise erhalten hatte. Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie 1908 als erste Professorin an der Sorbonne auf dessen Lehrstuhl für Allgemeine Physik berufen. Marie Curie starb 1934 nach langer Krankheit, die vermutlich auf ihre intensive Arbeit mit radioaktiven Elementen zurückzuführen ist.

Charlotte Hildegard Hass – die erste gefilmte Taucherin (* 1928)
Charlotte „Lotte“ Hass gelangte als Taucherin in den 1950er-Jahren zu Berühmtheit. Geboren 1928 in Wien, arbeitete sie zunächst als Sekretärin ihres späteren Ehemanns, des Naturforschers, Tauchpioniers und Dokumentarfilmers Hans Hass. Lange träumte sie davon, eine Tauchexpedition zu begleiten – möglich wurde dies erst, als eine Filmgesellschaft auf eine weibliche Hauptdarstellerin für Hans Hass‘ nächsten Dokumentarfilm bestand, um den Film damit attraktiver zu machen. 1950 ging sie für mehrere Monate ans Rote Meer, tauchte und wurde dabei gefilmt. Der Film wurde ein voller Erfolg, die Presse riss sich fortan um die junge Frau. Sie war schon bald auf den Titelseiten internationaler Magazine zu sehen. Lotte Hass war aber keinesfalls lediglich ein Unterwassermodel – durch ihre Taucheinsätze schrieb sie Sportgeschichte und machte das Tauchen auch für Frauen populär. 1970 veröffentlichte sie ihre Autobiografie „Ein Mädchen auf dem Meeresgrund“, die 2010 mit Yvonne Catterfeld in der Hauptrolle verfilmt wurde.

Erna Baumbauer – die erste Schauspielagentin (* 1919, † 2010)
Erna Baumbauer schaffte ein völlig neues Berufsfeld in Deutschland: Sie machte sich selber zur Schauspielagentin. Geboren 1919 in München, arbeitete sie zunächst als Journalistin und Theaterkritikerin. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte sie ihre Kontakte am Theater für ein paar Freundschaftsdienste: Sie vermittelte Schauspieler und handelte Verträge für sie aus. Daraus entwickelte sich schon bald mehr: Erna Baumbauer gründete ihre eigene Agentur und wurde zur ersten und einflussreichsten Schauspielagentin der Bundesrepublik. Sie vermittelte nicht nur, sondern war stets darum bemüht, ihre Klienten gut zu beraten: So überredete sie drei ihrer Schauspieler – Ulrich Mühe, Ulrich Tukur und Sebastian Koch –, bei dem Erstlingswerk des damals noch unbekannten Regisseurs Florian Henckel von Donnersmarck „Das Leben der Anderen“ mitzuwirken – ein voller Erfolg, der Film bekam 2007 sogar einen Oscar. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Preise, darunter den Bayerischen Verdienstorden, das Bundesverdienstkreuz, und beim Deutschen Filmpreis 2006 wurde sie mit dem Ehrenpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Karin Stilke – das erste deutsche Topmodel (* 1916)
Nicht erst seit „Germany’s Next Topmodel“ träumen viele junge Mädchen von einer Laufsteg-Karriere. Zu den Pionierinnen der Modelbranche gehört Karin Stilke, das erste deutsche Model mit internationalem Erfolg. 1926 in Bremen geboren, absolvierte sie nach dem Schulabschluss in Berlin eine Dolmetscherausbildung, bis sie 1936 von der Fotografin Yva auf dem Kurfürstendamm entdeckt wurde. Sie ließ sich zu Modefotos überreden, und schon war ihre Karriere in vollem Gange. Bis 1957 stand sie für die bedeutendsten Modefotografen der Zeit vor der Kamera, war auf zahlreichen Titelblättern zu sehen. 2007 wurde ihr zu Ehren im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe die Ausstellung „Karin Stilke: Ich bin ein Sonntagskind“ gezeigt.

Elly Beinhorn – die erste Alleinpilotin rund um die Welt (* 1907, † 2007)
Die Entwicklung des Flugzeugs um 1900 zog eine weitverbreitete Begeisterung fürs Fliegen nach sich. Elly Beinhorn gehörte damals zu den wenigen Frauen, die im Cockpit Platz nahmen. Sie absolvierte 1929 ihren Flugschein und träumte von einem Langstreckenflug. Im Januar 1931 startete sie dann zu ihrem ersten Afrikaflug. Beim Rückflug nach Deutschland musste sie im Sumpfgebiet des Niger notlanden und blieb vier Tage verschollen. Dadurch wurde die Pilotin weltberühmt. 1931 erfüllte sie sich einen weiteren Traum und startete zu einem Flug um die Welt. Trotz vieler Schwierigkeiten schaffte sie ihr Vorhaben und stellte somit einen Rekord auf: Als erste Fliegerin vollendete sie eine Weltumrundung ohne Begleitung. Elly Beinhorn stellte noch viele weitere Rekorde auf und erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz. Erst im Alter von 72 Jahren gab sie ihren Pilotenschein freiwillig ab.