„Jedes Mal neue Herausforderungen“

Foto: Dirk Heckmann
Foto: Dirk Heckmann

Die Digitalisierung beeinflusst nicht nur die Prozesse bei Entwurf, Planung und Ausführung, sondern auch die Baumaschinen und die Baustellenlogistik. Thomas Fellhauer erklärt, was mit der Digitalisierung alles möglich ist und wo sonst noch Herausforderungen für Baustellenlogistiker liegen. Die Fragen stellte Christoph Berger

Herr Fellhauer, die Digitalisierung verändert derzeit die Logistik auf den Baustellen. Ebenso die Baumaschinen. Können Sie diesen Veränderungsprozess beschreiben?
Natürlich wirkt sich die Digitalisierung auch auf die Logistik und die Technik der Baumaschinen aus. Ganz konkret ein Beispiel aus der Maschinensteuerung: Es könnte sein, dass die Maschinen – Bagger, Radlader und Raupen – eines Tages ganz alleine fahren. Dazu wird ein digitales Geländeprofil in die Maschinensteuerung eingespielt und es sitzt nur noch ein Mitarbeiter in ihnen, der im Notfall eingreifen kann. Prinzipiell werden die Aufgaben der Maschine dann aber vollautomatisiert abgearbeitet.

Zur Person

Thomas Fellhauer ist technischer Bereichsleiter bei der BMTI Baumaschinentechnik International GmbH & Co. KG. Die BMTI wurde als Service- und Dienstleistungsbetrieb für die operativen Organisationseinheiten des Strabag-Konzerns eingerichtet und verantwortet innerhalb des Konzerns das Betriebsmanagement des gesamten mobilen Anlagevermögens – Baumaschinen, maschinelle Anlagen und Fahrzeuge.

Ein anderer Aspekt ist Building Information Modeling, die modulare Visualisierung des Baus mit Bauabläufen und Baufortschritten und einem digitalisierten Datenmanagement. Auch da sind wir natürlich dabei und suchen nach Lösungen, wie wir die Turmdrehkrane zum Beispiel in 3D-Technik idealerweise darstellen, damit diese Modelle zur Planung des Bauablaufs herangezogen werden können.

Sollen auch die Abläufe auf der Baustelleeffizienter aufeinander ausgerichtet werden, um zum Beispiel Wartezeiten von Betonmischfahrzeugen zu verkürzen?
Ja, auch das. Dafür haben wir ein Telematik-System. Die Baumaschinen senden an dieses System Daten über den Standort, den Verbrauch, über das, was sie gerade tun oder auch über Fehler und Störungen. Diese Daten werden auf mobile Endgeräte des jeweils Verantwortlichen übertragen und er kann reagieren.

Und es gibt die komplette Vernetzung aller Segmente, beispielsweisebei einer Verkehrswege-Baumaßnahme. Hier wird im Taktverfahren alles aufeinander abgestimmt: Jeder weiß, wann ein Mischguttransporter auf der Baustelle erscheint, und die Mischanlage weiß Bescheid, wie, wann und wie viel Asphaltgut sie zu mischen hat. Irgendwann werden wir so weit sein, dass dies alles digital abläuft, dass die Lieferscheine digital erfasst werden, dass die Abrechnung digital erfolgt und somit auch die Rechnung an den jeweiligen Auftraggeber digital versendet wird.

Welche logistischen Herausforderungen auf Großbaustellen kommen noch auf Sie zu?
Wenn wir uns zum Beispiel die Großbaustelle unseres Großprojekts Upper West in Berlin anschauen, dann ist die Hochbau- und Krantechnik dort sehr komplex. Wir werden daher bereits in die Planungen einbezogen, um das richtige Hebewerk herauszusuchen. Wir erarbeiten dann Konzepte, wie ein Kran auf einer solchen Baustelle in der Wechselwirkung zu den anderen Hebezeugen arbeitet. Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse und der Vielzahl der Abläufe auf einer Baustelle muss alles genau aufeinander abgestimmt sein.

Es ist festzulegen: Welches Hebezeug nutzen wir, wie wird es montiert und wie wird es an dem Gebäude verankert. Beim Upper West sind die Krane zum Teil auch geklettert – sie wachsen dann mit dem Baufortschritt. Das bedarf einer intensiven Planung mit der Bauleitung. Und die Krane montieren und demontieren sich darüber hinaus noch gegenseitig.

Zum Projekt „Upper West“

Beim Upper West handelt es sich um ein neues Gebäudeensemble direkt an der Gedächtniskirche am Kurfürstendamm in Berlin. Der 118 Meter hohe Turm mit 33 Etagen sticht dabei besonders hervor. Auf 53.000 Quadratmetern Gesamtmietfläche wird es nach der Fertigstellung, die im Frühjahr 2017 vorgesehen ist, ein Hotel, Läden, Büros und eine Skybar geben. Für die Bauausführung ist die Ed. Züblin AG verantwortlich. Weitere Infos unter: www.upper-west.de

Eine weitere Herausforderung ist die Baustromversorgung einer solchen Baustelle. Wir bauen Elektroverteilerschränke auf und es gibt Energieeinspeisepunkte. Beim Upper West haben wir über 100 Baustromverteiler im Einsatz und mehrere Kilometer Kabel verlegt. Zudem haben wir rund 90 Container als Baustellenunterkünfte errichtet – unter anderem mit Büros für die Baustellenleitung und Tagungsräumen.

Anhand des Beispiels Upper West wird aber deutlich, dass es sich bei Bauprojekten immer auch um Unikate handelt. Die Digitalisierung braucht jedoch Standards. Wie kommen die beiden Welten zusammen?
Bei Kranen geht es zum Beispiel immer um die Fragen: Welche Höhe und Ausladung brauche ich? Dementsprechend werden die Geräte zusammengestellt und konfiguriert. Doch schließlich setzen wir natürlich immer wieder die gleichen Krane ein, sodass hier schon Standards festgelegt werden können. Die mit dem jeweiligen Projekt verbundenen Herausforderungen ergeben sich dann meist vor Ort: Wie komme ich dorthin, wie sind die Transportwege, wie kann ich meine Logistik, die Energieversorgung oder die Unterkünfte und Maschinentechnik auf der Baustelle installieren? Daraus erwachsen jedes Mal neue Herausforderungen.