Interview mit Andreas Schmitz

Der Gestalter

Andreas Schmitz, Foto: HSBC
Andreas Schmitz, Foto: HSBC

Begonnen hat Andreas Schmitz seine Banker-Karriere bei HSBC Trinkaus vor 23 Jahren als Assistent eines persönlich haftenden Gesellschafters. Heute ist er Sprecher des Vorstandes und zudem Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken. Im Interview erzählt der 52-Jährige über seinen Weg nach oben und die Anforderungen, auf die Einsteiger heute in der Bankenbranche treffen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Andreas Schmitz, Jahrgang 1960, beendete sein Studium der Volkswirtschaft und der Rechtswissenschaften an der Universität Bonn nach Abschluss des zweiten Staatsexamens als Rechtsanwalt. Seine berufliche Laufbahn bei HSBC Trinkaus begann er als Assistent eines der persönlich haftenden Gesellschafter. Anschließend arbeitete er im Firmenkundengeschäft und baute später die Investmentbanking-Aktivitäten der Bank auf. 2002 wurde Andreas Schmitz persönlich haftender Gesellschafter der Bank, 2004 zum Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter berufen und mit dem Rechtsformwechsel 2006 zum Sprecher des Vorstands ernannt.

Heute ist er verantwortlich für die Bereiche Global Banking und Investment Banking sowie für das Emissions- und Konsortialgeschäft. Er ist zudem Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Präsident der Börse Düsseldorf, Vizepräsident der IHK Düsseldorf und Mitglied des Verwaltungsrats der KfW sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Andreas Schmitz ist verheiratet und hat drei Kinder.

Herr Schmitz, für Ihr Unternehmen spielen Begriffe wie „Tugend“, „Werte“ und „Nachhaltigkeit“ eine große Rolle. Wie sehr verschlechtert sich Ihre Laune, wenn Sie in der Zeitung lesen müssen, wie andere Banker mit diesen Begriffen umgehen?
Ich staune da manchmal nicht schlecht. Das trifft mich auch. Denn es ist einfach nicht nachvollziehbar, wie man nach fast vier Jahren seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers noch immer nicht verstanden hat, welche Lehren zu ziehen sind. Banken können ihre Existenz nur durch ein verantwortungsbewusstes Geschäft als integraler Bestandteil der Gesellschaft begründen. Durch die Finanzkrise ist viel Vertrauen verlorengegangen. Dieses wiederzuerlangen, ist unsere größte Herausforderung. Denn ohne Vertrauen ist Bankgeschäft nicht denkbar. Aber: Übertrieben haben nur einige wenige. Die große Mehrheit der Mitarbeiter in Banken macht einen engagierten Job für die Kunden.

Aber das Fehlverhalten dieser wenigen hat das Image der gesamten Branche negativ geprägt. Was erhoffen Sie sich daher von Bankern der Zukunft?
Wer heute in diesen Beruf einsteigt, wird es sicherlich nicht wegen der Aussicht auf exorbitante Einkommen tun, denn die Zeiten großer Boni sind in unserer Branche definitiv vorbei. Banken sind der Blutkreislauf der Wirtschaft. Wer hier arbeitet, befindet sich mitten im Wirtschaftsleben und kann viel gestalten. Besonders bemerkenswert finde ich, dass unser Nachwuchs sich der großen Verantwortung gegenüber den Kunden bereits von Anfang an bewusst ist. Und darin liegt auch meine Hoffnung: dass für die Banker der neuen Generation wieder stärker die Prinzipien des ehrbaren Kaufmanns im Vordergrund stehen. Das muss die jeweilige Unternehmensführung dann aber auch vorleben.

Welche Eigenschaften und Qualitäten benötigt ein Banker, um seinem Unternehmen zu helfen, die Krise zu überstehen und nachher gestärkt aus der Krise hervorzugehen?
Unser Haus ist jetzt 227 Jahre alt. Hat vier Revolutionen, ein halbes Dutzend Kriege, sechs Währungsumstellungen sowie elf verschiedenen Staats- und Herrschaftssysteme überlebt. Es ist damit mehr als krisengestählt und sogar stets gestärkt aus jeder Krise hervorgegangen. Die wichtigsten Eigenschaften hierfür sind vorausschauendes Denken und ein konservatives Risikomanagement. Diese Bank hat es immer verstanden, sich den veränderten Marktbedingungen anzupassen, ohne ihre Unternehmenskultur zu beschädigen. Nachhaltigkeit ist hier mehr als nur ein Schlagwort. Es ist die Grundlange für ein langfristig angelegtes Wirtschaften, und in Krisenzeiten wie diesen sehen uns unsere Kunden als sicheren Hafen, weil wir als stabil und beständig anerkannt sind.

Wie erleben Sie persönlich hoch ambitionierte Einsteiger, die direkt von der Uni kommen? Welche Eigenschaften faszinieren Sie, wo sehen Sie Nachholbedarf?
Erfrischend ist bei unserem Nachwuchs diese Neugier und Offenheit, mit der sich junge Menschen ihre Welt erschließen. Da werden Fragen gestellt, die sich keiner sonst mehr zu stellen traut. Oder es werden eingefahrene Prozesse hinterfragt, die sich aufgrund des Prinzips, man habe es immer schon so gemacht, längst überholt haben. Viele bringen von der Uni auch neues theoretisches Wissen sowie innovative wissenschaftliche Methoden mit, die eine Organisation immer wieder beleben. Was wir aber bei vielen Bewerbern zunehmend vermissen, ist das, was man heute als soziale Kompetenz bezeichnet. Sei es, dass sich Studierende so sehr in die Theorie verbissen haben, dass sie ihr Wissen in der Praxis nicht nutzen können, oder sei es beim Umgang miteinander, wo wir manchmal einfache Benimmregeln vermissen. Bankgeschäft ist Kundengeschäft – da gehören diese einfach dazu.

Die Finanzbranche hat ungeheuer an Komplexität zugenommen. Sollen sich junge Banker sehr früh spezialisieren, oder sind Sie ein Befürworter von Generalisten?
Ich glaube, Banken brauchen – wie jedes andere Unternehmen auch – beides. Spezialisten sind gefragt, wenn es um die Entwicklung hochkomplexer Finanzprodukte geht, die ganz spezifische Kundenbedürfnisse erfüllen. Generalisten brauche ich, wenn es um die Kundenberatung geht. Da muss ich als Berater die Übersicht über die verschiedensten Produkte haben, um meinem Kunden das für ihn richtige empfehlen zu können. Unsere Berater im Bereich Vermögende Privatkunden bezeichnen sich selbst scherzhaft als „Hausärzte in allen Finanzdingen“. Da steckt viel Wahrheit drin.

Sie sind seit 1989 bei HSBC Trinkaus, eine so lange Karriere in einem Bankhaus ist eher ungewöhnlich. Was ist aus Ihrer Sicht der große Vorteil einer so konstanten Karriere?
Ich kenne unsere Bank in- und auswendig, da macht mir keiner mehr etwas vor. Zudem konnte ich die Strategie über einen langen Zeitraum mitgestalten. So entwickelt man ein ganz anderes Verhältnis zum Unternehmen, als wenn man immer wieder neu kurzfristigen Erfolgen hinterherlaufen muss. Man könnte jetzt einwenden, dass man dadurch andere Erfahrungen verpasst, die einen persönlich weiterbringen können. Aber unser Vorstand ist nicht nur mit strategischen Themen befasst, wir betreuen alle selbst noch Kunden. Das Gespräch mit ihnen gibt mir nicht nur immer wieder neue Blickwinkel – es erdet auch ungemein.

23 Jahre in einem Unternehmen – da gab es sicher auch schwierige Momente. Können Sie rückblickend sagen, wie Sie diese Probleme und Herausforderungen überwunden haben?
In solch einem Zeitraum passiert natürlich einiges: Ein vielversprechender Deal mit dem Kunden ist nicht zustande gekommen. Oder Vorgesetzte haben anders entschieden, als man hoffte. Es gibt Ratschläge, die wie Binsenweisheiten klingen, sich aber auch im Verlauf meiner Karriere bewährt haben: „Nicht alles persönlich nehmen“, „sich nicht unterkriegen lassen“, „aus Erfahrungen und Fehlern lernen“. Ich bin jemand, der immer nach vorne schaut. Vergangenes muss man abhaken. Ich bin daher nicht nachtragend. Das Wichtigste aber ist: Man muss sich treu bleiben.

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Zum Unternehmen

HSBC Trinkaus ist eine international aufgestellte, kundenorientierte Geschäftsbank. Das Haus versteht sich als Bank, die zum einen als Tochter der britischen Mutterbank HSBC Teil einer der weltweit größten Bankengruppen ist, zum anderen ihre Kunden individuell und persönlich mit den Werten einer 227-jährigen Geschichte betreut.

Das Mutterhaus HSBC hat rund 7200 Niederlassungen in mehr als 80 Ländern und Regionen. Für die deutsche Tochter HSBC Trinkaus sind rund 2500 Mitarbeiter tätig, von denen mehr als ein Drittel länger als zehn Jahre im Unternehmen arbeiten. Das Durchschnittsalter liegt bei 39 Jahren. Der Fokus liegt auf der Beratung von vermögenden Privatkunden sowie Firmen- und institutionellen Kunden. Stammsitz des Unternehmens ist Düsseldorf. Zudem verfügt die Bank über Standorte in Baden-Baden, Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart und Luxemburg. Mit „AA“ besitzt HSBC Trinkaus das beste Fitch-Rating einer privaten Geschäftsbank in Deutschland.

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