Bewerbungen heute

Bewerbungen heute, Bild: karriereführer

Worauf müssen Bewerber bei Bewerbungen heute besonders achten? Und warum sollten Sie sich einen anderen Arbeitgeber suchen, wenn Sie im Vorstellungsgespräch nach Ihren Schwächen gefragt werden? Prof. Dr. Jutta Rump, Direktor für das Institut für Beschäftigung und Employability der Hochschule Ludwigshafen am Rhein, gibt Tipps für die Bewerbung und zu aktuellen Bewerbungstrends. Die Fragen stellte Sabine Olschner.

Prof. Dr. Jutta Rump, Foto: Venustas Fotografie & Kommunikationsdesign
Prof. Dr. Jutta Rump, Foto: Venustas Fotografie & Kommunikationsdesign

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation für Bewerber ein?
Bewerber sind heutzutage in einer denkbar günstigen Situation, die es so in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben hat. Viele haben die Möglichkeit, sich ihren künftigen Arbeitgeber auszusuchen. Das bedeutet aber nicht, dass Bewerber jetzt nur noch eine Loseblattsammlung abzugeben brauchen und schon einen Job bekommen. Qualität ist noch immer sehr wichtig, denn Unternehmen prüfen nach wie vor, ob die Bewerbung sorgfältig erstellt wurde. Die Art und Weise, wie Sie sich bewerben, sagt natürlich schon viel über Ihre Grundeinstellung aus. Mit einer sehr professionellen Bewerbung und einem sehr guten Auftreten können Sie sogar einen Teil Ihrer möglichweise schlechten Noten wettmachen.

Was halten Sie von den Mustervorlagen und -anschreiben im Internet, mit denen man sich schnell eine eigene Bewerbung erstellen kann?
Wenn Sie auf einer solchen Seite gute Unterstützung für Ihre Bewerbung bekommen und sie damit ordentlich aussieht – warum nicht? Bevor Sie an der Technik verzweifeln, können Sie sich aus meiner Sicht hier gern technische Hilfestellung holen. Dabei sollte Ihre Bewerbung natürlich weiterhin individualisiert sein und nicht aus einem 08/15-Schreiben bestehen.

Wie kann ich denn meine Individualität am besten zeigen? Auslandsaufenthalte und Praktika kann doch heutzutage fast jeder vorweisen.
Indem Sie sich zivilgesellschaftlich und ehrenamtlich engagieren. Viele tun das bereits, bringen das in ihrer Bewerbung aber zu wenig rüber. Ehrenamtliche Tätigkeiten zeigen, dass Sie ein hohes Maß an Sozialkompetenz haben, was man oft an Zeugnissen gar nicht so ablesen kann.

Was halten Sie von den Bewerbungsratgebern mit ihren zahlreichen Tipps, zum Beispiel zu typischen Antworten auf Fragen im Vorstellungsgespräch?
Seien Sie lieber offen und bleiben Sie sie selbst. Spielen Sie keine Rolle. Und vor allem sollten Sie eine klare Vorstellung davon haben, was Sie wollen. Leider wissen nur wenige eine Antwort auf die Frage, was ihre wahren Stärken und Talente sind. Aber ein Unternehmen kann seine Mitarbeiter doch nur dann gut einsetzen, wenn es weiß, welche Talente und Stärken die Bewerber mitbringen. Fragen nach den Schwächen zu stellen, halte ich übrigens für sinnlos – denn diese bekommt man als Arbeitgeber sowieso schnell mit. Wenn Sie als Bewerber auf ein Unternehmen treffen, das nach Ihren Schwächen fragt, suchen Sie sich lieber einen anderen Arbeitgeber aus. Denn diese Frage sagt auch eine Menge über das Unternehmen aus. Die Konzentration auf die Schwächen hat in einem modernen Management nichts mehr zu suchen. Sollten Sie trotzdem danach gefragt werden, stellen Sie am besten die Gegenfrage, was das Unternehmen denn zur Entwicklung Ihrer Stärken tut.

Wie wichtig ist Storytelling im Vorstellungsgespräch?
Wenn Sie Ihre Fähigkeiten mit bestimmten Erlebnissen verknüpfen können, ist das eine super Sache. Viele Personaler mögen gute Geschichten, denn diese zeigen vor allem die Persönlichkeit eines Menschen. Mit Storytelling kommen Sie in einen Redefluss hinein, und das Gespräch mit dem Personaler wird leichtfüßiger.

Welche weiteren Trends sehen Sie im Bereich der Bewerbung heute?
Bewerber suchen heutzutage keinen Arbeitgeber mehr auf Lebenszeit, sondern eher für einen Lebensabschnitt. Nach einer Phase als Führungskraft geht man vielleicht mal eine Weile in eine Fachlaufbahn, um dann wieder eine Führungslaufbahn einzuschlagen. Karrieremodelle sind heutzutage viel durchlässiger als früher. Darauf sollten sich Bewerber und Unternehmen einstellen.